Ab April 2018 ist die psychotherapeutische Sprechstunde Pflicht
Vertragspsychotherapeutinnen und Vertragspsychotherapeuten, die eine Abrechnungsgenehmigung für Behandlungen mit einem Richtlinienverfahren besitzen, müssen seit April 2017 eine Sprechstunde anbieten. Patientinnen und Patienten waren bislang jedoch nicht verpflichtet, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Nach einer einjährigen Übergangszeit ändert sich das nun: Ab dem 1. April 2018 müssen alle Patientinnen und Patienten die psychotherapeutische Sprechstunde als Einstieg in die psychotherapeutische Versorgung aufgesucht haben. Erst im Anschluss daran können probatorische Sitzungen, eine Kurz- oder Langzeittherapie mit einem Richtlinienverfahren oder eine Akutbehandlung erfolgen.
Abklärung des Behandlungsbedarfs
Im Rahmen der Sprechstunde klärt die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut in bis zu drei Gesprächen ab, ob ein Verdacht auf eine psychische Krankheit vorliegt, eine Psychotherapie notwendig ist oder welche spezifischen Hilfen in der weiteren Versorgung notwendig sind. Auch eine erste therapeutische Intervention ist möglich. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können damit eine komplexere Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen organisieren. Bei Bedarf können sie auch auf Hilfsangebote verweisen, die nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, zum Beispiel die Angebote von Beratungsstellen, der gemeindepsychiatrischen Versorgung und der Selbsthilfe. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten kommt damit eine wichtige Lotsenfunktion in der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu.
Ausnahmen von der Regelung
Ausnahmen von der neuen Regelung gelten für Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer psychischen Erkrankung stationär im Krankenhaus oder in einer Rehabilitationsklinik behandelt wurden und bei denen dort die Indikation für eine psychotherapeutische Weiterbehandlung gestellt wurde. Sie können auch ohne vorherige Sprechstunde mit probatorischen Sitzungen oder einer Akutbehandlung beginnen. Das gilt auch, wenn während einer laufenden Therapie ein Therapeutenwechsel stattfindet.
Terminservicestellen sollen vermitteln
Patientinnen und Patienten können sich für die Vermittlung eines Termins in der psychotherapeutischen Sprechstunde direkt an Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten oder an die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen wenden. Die Terminservicestellen sind seit dem 1. April 2017 verpflichtet, innerhalb von einer Woche einen Termin zu vermitteln, der nicht später als vier Wochen nach der Anfrage der Patientin oder des Patienten liegt. Ist im Anschluss an die Sprechstunde eine Akutbehandlung erforderlich und kann eine Praxis diese Behandlung nicht selbst kurzfristig anbieten, können Patientinnen und Patienten die Terminservicestellen nutzen, um einen Behandlungsplatz zu finden. Für die Vermittlung eines Sprechstundentermins benötigen Patientinnen und Patienten keine Überweisung. Auch für die Vermittlung einer Akutbehandlung ist keine Überweisung, allerdings die Behandlungsempfehlung einer Therapeutin oder eines Therapeuten erforderlich.
Neuerung im Zuge der Strukturreform
Die psychotherapeutische Sprechstunde wurde im Zuge der Strukturreform der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung eingeführt, die zum 1. April 2017 in Kraft trat. Sie soll Patientinnen und Patienten zeitnah einen niederschwelligen Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung ermöglichen und das Versorgungsangebot insgesamt flexibler gestalten. Der Gesetzgeber hatte diese Forderungen im Versorgungsstärkungsgesetz formuliert und den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, die Psychotherapie-Richtlinie dahingehend zu überarbeiten.
Das Praxis-Info „Psychotherapie-Richtlinie“ der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) informiert übersichtlich über alle seit April 2017 geltenden Neuerungen.
Externer Link: Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen