Wann ist eine Psychotherapie ratsam?
Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Jeder Mensch kennt psychische Beschwerden, jeder Mensch gerät im Laufe seines Lebens in verschiedene Krisen. Häufig gelingt es vielen, diese Krisen ohne professionelle Hilfe zu bewältigen. Die menschliche Psyche verfügt über beachtliche Selbstheilungskräfte. Viele Menschen haben Familie und Freunde, die sie hierbei wirkungsvoll unterstützen können.
Manchmal gelingt es jedoch über Wochen und Monate nicht, aus eigener Kraft oder durch Gespräche mit einer Partnerin oder einem Partner, einer Freundin oder einem Freund wieder ins Lot zu kommen. Die psychischen Probleme bleiben bestehen, entwickeln oftmals auch eine negative Eigendynamik, der sich der Einzelne allein nur schwer entziehen kann. Dann könnte es sinnvoll sein, eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten aufzusuchen und in einem persönlichen Gespräch zu klären, ob eine Behandlung ratsam ist.
Unterstützungsbedarf erkennen
Mitunter sind psychische Erkrankungen auch nicht so einfach zu erkennen. Es gelingt, die schwierigen Gefühle zu umgehen. Eine Freundin geht für Sie im Kaufhaus einkaufen, dessen Gewimmel immer wieder Panikanfälle auslösen - und schon ist die übermächtige Angst vor vielen Menschen nicht mehr spürbar. Trotzdem kann sich die psychische Störung, die tatsächlich besteht, weiter verfestigen und dauerhaft werden. Es kann sich also auch bei gelegentlichen, aber wiederkehrenden außergewöhnlichen Gefühlen lohnen, sich mit einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten darüber zu unterhalten.
Wer übernimmt die Kosten?
Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, übernimmt Ihre Krankenkasse die Kosten für erste psychotherapeutische Gespräche und akut notwendige Behandlungen. Voraussetzung ist, dass die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen kann. Doch was, wenn Sie keine Psychotherapeutin bzw. keinen Psychotherapeuten finden, die oder der eine solche „Kassenzulassung“ besitzt und in absehbarer Zeit Termine frei hat? Können Sie Ihre erfolglose Suche belegen, haben Sie einen Anspruch darauf, dass Ihre Krankenkasse die Kosten für eine Psychotherapie in einer Privatpraxis erstattet. Dieser Anspruch ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V, § 13 Abs. 3) begründet. Weitere Informationen zur Kostenübernahme in verschiedenen Fällen bietet die Broschüre „Wege zur Psychotherapie“ [Stand 10/2023] [PDF, 1,6 MB]. der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen.
Erste Fragen an sich selbst*
Wenn Sie überlegen, ob eine Psychotherapie für Sie infrage kommen könnte oder nicht, helfen Ihnen vielleicht folgende Fragen weiter. Bitte beachten Sie dabei, dass diese Fragen eine erste Orientierung erleichtern können. Eine Beratung oder gar eine Therapie ersetzen sie nicht.
- So kenne ich mich nicht! Fühle ich mich anders als sonst?
- Beunruhigt mich diese Veränderung?
- Gibt es eine Erklärung für die Veränderung?
- Reicht diese nicht aus, um die Dauer und Heftigkeit der Beschwerden zu begründen?
- Kann ich meine tägliche Arbeit nur noch mit Mühe verrichten?
- Mache ich mir immer Sorgen und habe ich viel Angst?
- Leide ich unter körperlichen Beschwerden?
- Ist mein Schlaf gestört, schlafe ich zu wenig oder zu viel?
- Fühle ich mich oft aggressiv, hasserfüllt, gereizt oder bin ich sehr intolerant?
- Bin ich oft krankgeschrieben?
- Habe ich Selbstmordgedanken?
- Habe ich kaum noch Menschen, mit denen ich über meine Probleme sprechen kann?
- Helfen Gespräche mit Freunden nicht mehr?
- Fällt die Veränderung auch anderen deutlich auf?
- Ist das schon länger als drei Monate so?
- Ist mir das alles egal?
*Aus: Rosemarie Piontek: Mut zur Veränderung. Methoden und Möglichkeiten der Psychotherapie. Bonn, 2009
Weitere Informationen über den Zugang zur ambulanten Psychotherapie, zu verschiedenen Versorgungsangeboten sowie weitere Materialien für Patientinnen und Patienten bietet eine Patientenserviceseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) [externer Link].