G-BA sabotiert Mindestquote für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verzögert weiter die Einführung einer 20-prozentigen Mindestquote für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Auf seiner heutigen Sitzung beschloss der G-BA immer noch keine gesetzeskonforme Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie. „Damit sabotiert der G-BA eine bessere Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher“, kritisiert Monika Konitzer, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer NRW. „Dieses monatelange Verschleppen wichtiger Reformen ist inzwischen inakzeptabel.“
Nach dem Gesetz hätten sich seit 1. Januar 2009 in Nordrhein-Westfalen knapp 300 zusätzliche Psychotherapeuten niederlassen können, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Tatsächlich konnte aufgrund der fehlenden Umsetzungsvorschriften, die Aufgabe des G-BA sind, bisher keine einzige Praxis zusätzlich eröffnen. Die Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz betragen bei niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten durchschnittlich 4,5 Monate. Häufig erhalten psychisch kranke Kinder und Jugendliche keine fachgerechte Diagnose und Therapie. Vor allem in ländlichen Gebieten ist die Unterversorgung extrem: Im Kreis Paderborn ist ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für die Versorgung von knapp 63.000 Einwohner verantwortlich, im Hochsauerlandkreis für etwa 56.000 Einwohner, im Kreis Höxter findet sich überhaupt keine Praxis.
Hintergrund für die Verzögerung ist ein Streit des G-BA mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). Das BMG hatte bürokratische Hürden, die der G-BA in seine geänderten Richtlinien eingebaut hatte, nicht genehmigt. Sie hätten eine rasche Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen verhindert.
Der G-BA kreierte eine zusätzliche 10-Prozent-Mindestquote, die zunächst in allen Planungsbezirken erfüllt sein muss, bevor weitere Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zugelassen werden. Für diese 10-Prozent-Quote hatte der G-BA keine gesetzliche Grundlage. „Die 10-Prozent-Quote ist rechtswidrig“, stellt NRW-Präsidentin Konitzer fest. „Hätte der Gesetzgeber zwei Quoten gewollt, so hätte er auch zwei Quoten im Gesetz vorgesehen.“ Praktisch verzögert diese zusätzliche Quote nicht nur eine bessere psychotherapeutische Versorgung.
Sie führt auch aufgrund einer überholten Bedarfsplanung dazu, dass zunächst in Großstädten (Bonn, Düsseldorf, Krefeld, Leverkusen und Mönchengladbach), die ohnehin schon psychotherapeutisch besser versorgt sind, neue Praxissitze geschaffen werden. Ländliche Gebiete bleiben dagegen weiterhin erheblich unterversorgt.
Der G-BA beabsichtigte ferner, bei der Mindestquote auch Psychotherapeuten mitzuzählen, die sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene behandeln. Dagegen schreibt das Gesetz ausdrücklich vor, dass zur 20-prozentigen Mindestquote nur Psychotherapeuten gerechnet werden dürfen, die „ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen“ (§ 101 SGB V). „Die eigenwillige Gesetzesinterpretation des G-BA hätte zur Folge, dass die psychotherapeutische Versorgung in Westfalen-Lippe dauerhaft deutlich schlechter wäre als in Nordrhein“, urteilt die Präsidentin der Psycho-therapeutenkammer NRW. „In Nordrhein sind nämlich anders als in Westfalen-Lippe keine Psychotherapeuten doppelt zugelassen worden.“