Information, Beratung und Austausch am Tag der Neuapprobierten am 29. Juni 2024

Der etablierte „Tag der Neuapprobierten“ der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen fand auch dieses Mal regen Zuspruch: Über hundert neue Kammermitglieder hatten sich für die Veranstaltung am 29. Juni 2024 angemeldet, die erstmals in den Räumlichkeiten der Geschäftsstelle in Düsseldorf stattfand. Auf dem Programm standen Informationen über Aufgaben und Aktivitäten der Kammer und Leistungen ihres Versorgungswerkes, zu Wegen in die vertragspsychotherapeutische Versorgung und Perspektiven der Berufstätigkeit im Anstellungsverhältnis und in der Niederlassung. Die Teilnehmenden nutzten zahlreich die Gelegenheit, Fragen an die Referentinnen und Referenten zu richten. Auch das während des ganzen Tages zur Verfügung stehende Beratungsangebot der Kammer, des Versorgungswerks und der Kassenärztlichen Vereinigungen wurde rege in Anspruch genommen.
 

Andreas Pichler, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, begrüßte die Neuapprobierten im Namen des Kammervorstandes und gratulierte ihnen herzlich zum erfolgreichen Abschluss ihrer psychotherapeutischen Ausbildung. Der Weg zu diesem Ziel sei lang und kräftezehrend und erfordere Geduld und Engagement. Ihn erfolgreich beschritten zu haben verdiene Respekt und Anerkennung. Mit der Informationsveranstaltung wolle der Vorstand den neuen Mitgliedern ihre Kammer als berufliche Selbstverwaltung näherbringen und sie anregen, das Kammerleben kennenzulernen und mitzugestalten. Im Anschluss stellte der Vizepräsident die Referentinnen und Referenten, die Geschäftsführerin und die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle sowie die Ansprechpersonen vom Versorgungswerk und den Kassenärztlichen Vereinigungen vor.

Die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen in der berufspolitischen Landschaft

In seinem Vortrag gab Andreas Pichler einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die Aufgaben und die Arbeitsweise der Kammer. Der Staat habe ihr als hoheitliche Aufgaben Satzungs- und Verwaltungsrechte sowie -pflichten übertragen. Die Kammer sei damit u.a. für die Berufsordnung und das Berufsaufsicht, das Weiterbildungsrecht und die Fortbildung, die Qualitätssicherung und Qualitätsstandards zuständig. Auf diese Weise könne sie die Rahmenbedingungen für den Beruf mitgestalten und Standards setzen, erklärte der Vizepräsident. Die Kammer habe zudem Anhörungsrechte bei Gesetzesvorhaben auf Landes-, teilweise auch auf Bundesebene. Dies sei wertvoll, um die Anliegen und Positionen der Profession in die politischen Prozesse einzubringen. Die Kammer werde beispielsweise vom nordrhein-westfälischen Landtag immer selbstverständlicher und häufiger um Stellungnahme gebeten und zu Anhörungen eingeladen. Darin zeige sich auch ein Erfolg jahrelanger intensiver Lobbyarbeit, unterstrich Andreas Pichler.

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen Teil der öffentlichen Verwaltung und zu entsprechendem Handeln verpflichtet, führte der Vizepräsident weiter aus. Dies beinhalte u. a. Aspekte wie Verschwiegenheit und Neutralität. Parteipolitische Neutralität beispielsweise stünde dabei allerdings nicht im Widerspruch dazu, als Kammer für Demokratie, Vielfalt und Freiheit als wichtige Grundlagen für die seelische Gesundheit einzutreten, betonte Andreas Pichler. Die Kammer würde sich generell vermehrt zu gesellschaftspolitischen Themen zu Wort melden. Als aktuelles Beispiel nannte er den Klimaschutz im Kontext psychischer Gesundheit. In der Gesundheitspolitik trete die Kammer zielgerichtet für die Belange der Profession ein. So fordere sie den Gesetzgeber beispielsweise immer wieder auf, die dringend notwendige Reform der Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP) anzugehen. Für ausführlichere Informationen zu den Aufgaben und Themenschwerpunkten in der Kammerarbeit lud Andreas Pichler zu einem Besuch der Kammer-Homepage ein. Auch das 
Leitbild der Kammer könne dort abgerufen werden. Um über die Aktivitäten und Angebote ihrer beruflichen Selbstverwaltung auf dem Laufenden zu bleiben, riet er den Neuapprobierten, sich in den
E-Mail-Verteiler für Kammermitglieder einzutragen.

Das Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen

Jens Mittmann, Leiter der Abteilung Mitgliederbetreuung/Leistungsverwaltung im Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, erläuterte dessen Aufbau und Zielsetzungen. Er beschrieb das Verhältnis des Versorgungswerks zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Begründung der Mitgliedschaft und erläuterte die Grundlagen der Beitragszahlungen. Ausführlich ging er auf die Leistungsarten des Versorgungswerkes ein. Unter der Überschrift „Tipps zur Versorgung” wies Jens Mittmann u. a. darauf hin, dass es von angestellten Kammermitglieder als Zusatzversicherung genutzt werden kann. Für die Darstellung individueller Beispiele zur Altersrente und zur Berufsunfähigkeitsrente empfahl er den Simulationsrechner im Online-Mitgliederportal des Versorgungswerkes.

Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung

Alexander Konrad und Oliver Pellarin von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) informierten über die Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen, das System der vertragspsychotherapeutischen Versorgung und die Bedingungen der Zulassung. Als einen der wichtigsten Schritte für Neuapprobierte bezeichneten die beiden Niederlassungsberater den Eintrag in das Arztregister. Von den Möglichkeiten der Tätigkeit im vertragspsychotherapeutischen System sei die Einzelpraxis weiterhin die beliebteste Form. In Zeiten fast ausschließlich gesperrter Planungsbereiche ließe sie sich vornehmlich durch Übernahme einer bereits zugelassenen Kassenpraxis realisieren. Als Alternativen beschrieben Alexander Konrad und Oliver Pellarin die Tätigkeit in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), einer Praxisgemeinschaft oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und weitere Variationen. Des Weiteren bestünden Anstellungsmöglichkeiten mit oder ohne Kassensitz und als Entlastungsassistenz. Die beiden Referenten informierten auch zum Ausschreibungs- und Nachbesetzungsverfahren und gaben praktische Tipps zu Bekanntmachungen, Fristen, Vorgehen und Beratung.

Perspektiven der Berufstätigkeit im Anstellungsverhältnis

Elisabeth Dallüge, Psychologische Psychotherapeutin und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss „Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation“ der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, stellte die Bandbreite der Berufstätigkeit in Anstellung vor. Im klinischen und institutionellen Bereich mit Arbeitsplätzen zum Beispiel in Beratungsstellen oder im Jugendamt seien spannende Tätigkeitsfelder für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu finden. Ebenso könne die Anstellung in einer psychotherapeutischen Praxis ein attraktives Modell sein. Sie ermutigte die Neuapprobierten nachdrücklich, sich mit entsprechenden Möglichkeiten zu befassen und die Vorteile für sich auszuloten.

Generell würden sich über die Tätigkeit in Anstellung hartnäckige Vorurteile halten, sagte Elisabeth Dallüge. Verbreitet sei beispielsweise die Sorge, angestellt nicht autonom arbeiten zu können. Es gäbe jedoch häufig mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Freiräume als angenommen. Auch die Ansicht, im Angestelltenbereich gäbe es „kein Vorankommen”, verwies sie in den Bereich der Mythen. Die Entwicklungsperspektiven für angestellte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten seien besser denn je und ihre Kompetenzen würden gebraucht, auch in Leitungsfunktionen oder als Weiterbildungsbefugte. Ein Thema, mit dem der Berufsstand nach wie vor nicht zufrieden sein könne und zu dem er berufspolitisch aktiv bleibe, sei die Vergütung angestellter Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, betonte Elisabeth Dallüge. Doch auch hier würden sich Möglichkeiten eröffnen, Qualifikationen und Leistungen über Regelungen wie Sondervereinbarungen oder Zulagen finanziell abzubilden. Wichtig sei, dies aktiv anzusprechen. Abschließend stellte sie Angebote der Kammer für angestellte Mitglieder vor und motivierte die Neuapprobierten, sich kollegial zu vernetzen und berufspolitisch zu engagieren. Dies befruchte die eigene Arbeit und sei wertvoll, um als Profession geschlossen aufzutreten und gesehen zu werden.

Perspektiven der Berufstätigkeit im Anstellungsverhältnis

Barbara Lubisch aus dem Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen beleuchtete Grundlagen und Perspektiven der Berufstätigkeit in der Niederlassung. Sie schilderte die mit der Zulassung zur Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten in einer Kassenpraxis verknüpften Pflichten. Dabei wies sie darauf hin, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zunehmend auch als Arbeitgebende für angestellte Kolleginnen und Kollegen und zukünftig für Weiterbildungsteilnehmende gefordert seien. Wer eine bestehende Kassenpraxis erwerben wolle, müsse den Kauf privat mit der bzw. dem Abgebenden aushandeln, machte Barbara Lubisch deutlich. Hier habe sich ein Markt entwickelt, den die Kammer teilweise kritisch sehe. Er ließe sich jedoch nicht durch normative Regelungen steuern. Individuelle Aspekte wie Ausstattung und Lage der Praxis würden die Preisentwicklung auch weiterhin beeinflussen.

Wer sich mit dem Gedanken trage, eine Privatpraxis zu eröffnen, sollte besonders gründliche Vorüberlegungen zur Wirtschaftlichkeit anstellen, empfahl Barbara Lubisch. Neben Selbstzahlenden, privat Versicherten und Beihilfeberechtigten könnten in einer Privatpraxis grundsätzlich auch Behandlungen von gesetzlich Krankenversicherten im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) abgerechnet werden. Die Kammer registriere jedoch, dass dieser Weg teilweise schwierig sei. Ratsam wäre in jedem Fall, sich weitere Standbeine zu schaffen, zum Beispiel als Sachverständige, über Spezialisierungen oder Angebote wie Supervision und Coaching. Zusammenfassend hielt Barbara Lubisch fest, dass in Zeiten steigenden Konkurrenzdrucks ein vielfältiges Portfolio der Angebote und ein gutes Praxismarketing generell sinnvoll seien. Ergänzend wies sie auf die Broschüre „Regeln zur Außendarstellung“ der Kammer hin. Auf deren Homepage seien auch die geltenden Satzungen und Verwaltungsvorschriften sowie Gesetze und Verordnungen von Land und Bund zu finden. Zum Ende ihres Vortrags informierte Barbara Lubisch die Neuapprobierten über Möglichkeiten zur Mitarbeit in der Kammer.

Alles Gute für den erfolgreichen Einstieg in den Beruf

Andreas Pichler bedankte sich in seinem Schlusswort bei den Vortragenden für ihre informativen und lebendigen Vorträge und bei der Geschäftsstelle für die gelungene Organisation der Veranstaltung. Die Neuapprobierten lud er herzlich ein, offen für die Informationskanäle und Nachrichten der Kammer zu bleiben und die Beratungsangebote zu nutzen. Für ihren Berufseinstieg oder das Voranschreiten auf dem bereits eingeschlagenen Weg wünschte ihnen der Vizepräsident viel Erfolg und Freude.
 

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