Kammerversammlung am 24. März 2012

Leitbild der Psychotherapeutenkammer NRW

Die Kammerversammlung diskutierte am 24. März ein Leitbild für die Psychotherapeutenkammer NRW. Das Leitbild soll eine einheitliche und nachvollziehbare Orientierung schaffen: für alle Kammerangehörigen, die Vertreter der Kammer, die Geschäftsstelle sowie die Öffentlichkeit. Es formuliert z.B. die Grundlagen des Berufs, die Aufgaben der beruflichen Vertretung durch die Kammer, die demokratische Verfassung der beruflichen Selbstverwaltung als auch die hohe wissenschaftliche Qualifikation der psychotherapeutischen Heilkunde. Das Leitbild soll das Selbstverständnis der Organisation verdeutlichen und ihre Werte und Prinzipien darstellen.

Der Kammerversammlung lag ein Entwurf für das Leitbild vor, der vom Vorstand im Januar und Februar entwickelt worden war. Er besteht aus einer Präambel und vier Kapiteln: der Beruf, die Psychotherapeutenkammer NRW, die Hauptaufgaben und die Organisation. Die Mitglieder der Kammerversammlung diskutierten den Entwurf detailliert in Workshops und präsentierten ihre Änderungsvorschläge auf Stellwänden sowie im Plenum. Die Ergebnisse der Diskussion gehen jetzt in die weitere Entwicklung des Leitbildes ein.

Psychotherapeuten in NRW

Präsidentin Monika Konitzer stellte die jüngsten Daten zur nordrhein-westfälischen Psychotherapeutenschaft vor. Danach hatte die Kammer im Januar 8.215 Mitglieder. Davon waren 72 Prozent Psychologische Psychotherapeuten, 20 Prozent Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und acht Prozent Doppelt-Approbierte. 41 Prozent arbeiteten in einer eigenen Praxis mit einer Zulassung zur gesetzlichen Krankenversicherung, 52 Pro-zent waren als Angestellte beschäftigt und/oder in einer Privatpraxis tätig.

Der Beruf des Psychotherapeuten entwickelt sich immer stärker zu einem Frauenberuf. Schon jetzt sind zwei Drittel der Kammerangehörigen Frauen (68 Prozent) und ein Drittel Männer (32 Prozent). Unter den Neuapprobierten sind bereits vier von fünf Mitgliedern weiblichen Geschlechts. Dagegen ist die Mehrheit der Kammerversammlung noch männlich: 57 Prozent ihrer Mitglieder sind Männer, nur 43 Prozent Frauen.

Berufsaufsicht

Nach dem Heilberufsgesetz hat die Psychotherapeutenkammer NRW dafür Sorge zu tragen, dass die Kammerangehörigen ihre Berufspflichten erfüllen. Verstoßen die Angehörigen dagegen muss die Kammer tätig werden. Bei Patientenbeschwerden oder anderen Hinweisen auf ein mögliches berufsrechtliches Fehlverhalten ist die Kammer verpflichtet, dies zu überprüfen und zu ahnden. Grundlage der Prüfung sind das Heilberufsgesetz und die Berufsordnung. Der genaue Ablauf eines Berufaufsichtsverfahrens ist auf der Kammerhomepage beschrieben: Beschwerdeverfahren.

Im Jahr 2011 wurden 54 Berufsaufsichtsverfahren bei der Kammer abgeschlossen, 42 davon eingestellt. Insgesamt laufen zurzeit 154 Verfahren, davon 12 vor dem Berufsgericht. Die steigende Zahl der Verfahren belegt, dass die Kammer sich als Berufsaufsicht etabliert hat und bei Patienten sowie Patientenberatungsstellen bekannt geworden ist.

Neues Entgeltsystem für Krankenhäuser 

Die Bundesregierung plant ein Gesetz zur Einführung eines pauschalen Entgeltsystems in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen. Kern der gesetzgeberischen Überlegungen ist die Einführung von Tagespauschalen in Krankenhäusern für psychisch kranke Menschen. Der Kabinettsentwurf des Gesetzes enthält insbesondere:

  • die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einführung des neuen Entgeltsystems,
  • Optionen für Modellprojekte (sektorenübergreifende Versorgung),
  • neue Regelungen für Institutsambulanzen an psychosomatischen Krankenhäusern,
  • die Grundlagen für systematische Qualitätssicherung.

Der Gemeinsame Bundesausschuss soll damit beauftragt werden, bis zum 1.1.2017 Empfehlungen für die Ausstattung mit therapeutischem Personal sowie Indikatoren zur Beurteilung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität und für die einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherung zu erarbeiten. Ebenfalls zum 1.1.2017 soll dann die Psychiatrie-Personalverordnung aufgehoben werden.

Die Einführung des neuen Entgeltsystems soll sich über mehrere Jahre erstrecken: Von 2013 bis 2016 ist eine „budgetneutrale Phase“ geplant, in der es noch nicht zu Mindereinnahmen kommt. Danach erfolgt die tatsächliche „Konvergenzphase“ von 2017 bis 2021, während der eine schrittweise Umstellung auf einen landesspezifischen Basisfallwert erfolgt.

Reform der Bedarfsplanung

Seit dem 1. Januar 2012 ist das GKV-Versorgungsstrukturgesetz in Kraft. Das Gesetz sieht vor, dass in „überversorgten“ Planungsbereichen Praxissitze nicht wieder besetzt werden können. Dies kann zu einem Abbau von bis zu 6.000 psychotherapeutischen Praxen in Deutschland führen. Aufgrund einer intensiven Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit über die monatelangen Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie konnten die Kammern und Berufsverbände erreichen, dass diese Regelungen erst ab dem 1. Januar 2013 in Kraft treten. Bis dahin soll der Gemeinsame Bundesausschuss die Bedarfsplanung nach sachgerechten Kriterien so anpassen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt ist.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) plädiert dabei für einen Neuzuschnitt der Planungsbereiche. Für die psychotherapeutische Versorgung wäre danach eine „wohnortnahe Versorgung“ zu gewährleisten. Das bedeutet, dass die Planungsbereiche für die psychotherapeutische Versorgung weiterhin den bisherigen Kreisen entsprechen würden. Neu ist, dass die Planungsbereiche in vier Kategorien eingeteilt werden sollen, die einerseits von einem unterschiedlichen Versorgungsbedarf zwischen Stadt und Land ausgehen und anderseits auch Pendler berücksichtigen sollen. Dabei nimmt die KBV an, dass Pendler aus ländlichen Kreisen eher Psychotherapeuten in der Nähe ihres städtischen Arbeitsplatzes in Anspruch nehmen.

Der entscheidende Punkt für die ambulante Psychotherapie ist die Neuberechnung der notwendigen Zahl von Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner („Verhältniszahl“). Nach den bisherigen Soll-Zahlen ist fast ganz Deutschland mit niedergelassenen Psychotherapeuten überversorgt. Dass liegt daran, dass der Bedarf, als er im Jahr 1999 festgelegt wurde, erheblich unterschätzt wurde. Praktisch wurde durch die Bedarfsplanungsrichtlinie die Zahl der psychotherapeutischen Praxen, die am 31.August 1999 zur gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen waren, zum Bedarf erklärt. Dabei lässt sich nachweisen, dass bis dahin ein erheblicher Anteil an Zulassungen noch nicht rechtskräftig war. Außerdem wurden Psychotherapeuten mit Ermächtigungen zur Nachqualifikation nicht berücksichtigt. Schließlich gab es eine große Anzahl von Widersprüchen gegen ablehnende Bescheide. Die Psychotherapeutenkammer NRW fordert deshalb eine Neuberechnung der Verhältniszahlen mit den psychotherapeutischen Praxiszahlen des Jahres 2005. Im Jahre 2005 endete die Frist, bis zu der eine auf fünf Jahre befristeten Ermächtigung zur Nachqualifizierung in eine Zulassung umgewandelt werden konnte. Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt die allermeisten Gerichts- und Verwaltungsverfahren abgeschlossen.

Ein weiterer Geburtsfehler der Bedarfsplanung bestand darin, dass darin auch die Verhältniszahlen aus den neuen ostdeutschen Bundesländern eingingen, in denen es aber aufgrund der geschichtlichen Entwicklung viel weniger Psychotherapeuten in eigener Praxis gab als in Westdeutschland. Dies führte dazu, dass die gesamtdeutschen Durchschnittszahlen viel zu niedrig waren. In den ländlichen Kreisen versorgte im Westen ein Psychotherapeut durchschnittliche rund 11.000 Einwohner, im Osten waren es circa 33.000 Einwohner, also dreimal so viele. Heraus kam ein Durchschnitt von 23.000 Einwohnern, der für eine ausreichende Versorgung aber viel zu niedrig ist. Die Psychotherapeutenkammer NRW fordert deshalb eine Neuberechnung der Verhältniszahlen auf der Basis der Versorgungsdichte in Westdeutschland.

Des Weiteren hält die Psychotherapeutenkammer die Annahme, dass sich die Häufigkeit psychischer Erkrankungen in den Städten wesentlich höher ist als auf dem Land für falsch. Tatsächlich ist die psychische Morbidität in Kernstädten und ländlichen Regionen weitgehend vergleichbar. Die bisherigen Verhältniszahlen nehmen dagegen an, dass Städter neunmal häufiger psychisch krank werden als Menschen in ländlichen Gemeinden. Um diese extreme Spreizung der Verhältniszahlen zu korrigieren, könnte die durchschnittliche Spreizung der Arztgruppen in der wohnortnahen fachärztlichen Versorgung auch für die Planungsgruppe der Psychotherapeuten zu Grunde gelegt werden.

Mit der Reform der Bedarfsplanungs-Richtlinie könnten sich insbesondere im ländlichen Raum zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten eröffnen. Die Psychotherapeutenkammer NRW schlägt deshalb vor, dass die Leistungen, die diese Psychotherapeuten erbringen, ab dem Jahr 2013 zusätzlich zur bestehenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden.

Weiterbildungsordnung

Die Kammerversammlung beschloss eine Erweiterung der Übergangsregelung der Weiterbildungsordnung für den Bereich Klinische Neuropsychologie. Die Übergangsregelung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt NRW in Kraft und wird dann im Psychotherapeutenjournal veröffentlicht.

Neue Mitglieder der Kammerversammlung

Aufgrund von Rücktritten hat die Kammerversammlung zwei neue Mitglieder: Frau Anja Simon für die Fraktion VPP und Herr Martin Zange für die Fraktion Kooperative Liste.

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