Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen verabschiedete fünf Resolutionen
Die 5. Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen verabschiedete am 3. Dezember 2022 in ihrer 8. Sitzung in dieser Wahlperiode fünf Resolutionen.
In ihrer Resolution „Anpassung der Beihilfenverordnung in NRW längst überfällig – Versorgung Beihilfeberechtigter sicherstellen und verbessern!“ [PDF, 223 KB] fordert sie das Ministerium für Finanzen und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes auf, die Beihilfenverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (BVO NRW) im Sinne der 9. Änderung der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) anzupassen. In der BHhV wurden im Dezember 2020 die eine psychotherapeutische Akutbehandlung, die eine psychotherapeutische Kurzzeitbehandlung sowie die Systemische Therapie als neues Verfahren für die Behandlung von Erwachsenen eingeführt. Das Land NRW habe diese Änderung bislang nur in Ansätzen in die BVO NRW übernommen bzw. eigene Tatbestände geschaffen, die von der Bundesbeihilfeverordnung abweichen. Dies führe zu einer deutlichen und fachlich nicht nachvollziehbaren Benachteiligung der Beihilfeberechtigten im Geltungsbereich der BVO NRW.
Unter der Überschrift „Versorgung psychisch schwer kranker Menschen ernsthaft verbessern – Hürden für die Umsetzung der KSV-Psych-Richtlinie abbauen“[PDF, 218 KB] ruft die Kammerversammlung auf, die in der „Richtlinie über die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit komplexem psychiatrischem oder psychotherapeutischem Behandlungsbedarf (KSVPsych-RL)“ enthaltenen schwerwiegenden Hemmnisse auszuräumen, die einer tatsächlichen Verbesserung der Versorgung entgegenstehen. Die aufgezeigten Mängel dürften sich bei der Entwicklung der geplanten Richtlinie zur „Komplexversorgung“ von Kindern und Jugendlichen nicht wiederholen. In ihrer Resolution fordert die Kammerversammlung den Gesetzgeber auf, die im Koalitionsvertrag angekündigte Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit komplexem Behandlungsbedarf ernsthaft anzugehen und den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu einer Nachbesserung der bestehenden Regelungen in der KSVPsych-RL zu veranlassen.
Die Resolution „Politische Verantwortung übernehmen – Kinder, Jugendliche und ihre Familien unterstützen!“[PDF, 218 KB] mahnt die Politikerinnen und Politiker aller demokratischen Parteien an, den Fokus ihres Handels verstärkt auf die Förderung von Kindern und Jugendlichen zu legen und auch langfristig die Fortführung von etablierten psychosozialen Maßnahmen und Projekten in bereits bestehenden Netzstrukturen zu erhalten und auszubauen. Kinder und Jugendliche seien in den letzten drei Jahren durch die Corona-Pandemie und angesichts weiterer bedeutsamer Krisen besonders psychisch belastet. Die bislang von der Bundesregierung aufgesetzten Förderprogramme könnten den entstandenen Bedarf nur marginal abdecken und würden psychosoziale Aspekte zu wenig berücksichtigen. Insbesondere bedürfe es weiterer niederschwelliger und präventiver Angebote im Lebensalltag, um Kinder und Jugendliche in psychosozial schwierigen Lebenssituationen zu erreichen. Außerdem müsse zügig die im Koalitionsvertrag abgekündigte Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen umgesetzt werden.
„Patientenrechte bei elektronischer Patientenakte und im geplanten „Europäischen Raum für Gesundheitsdaten“ wahren und schützen“[PDF, 212 KB] lautet die Forderung in einer weiteren Resolution. Die Bundesregierung müsse bei der Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA) elementare Grundsätze der Rechte von Patientinnen und Patienten sowie den Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten und Patientinnen bzw. Patienten beachten. Eine automatische Befüllung der Akte ohne Wissen und ohne explizites Einverständnis der betroffenen Person wird auf das Schärfste zurückgewiesen. Insbesondere solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass der „Europäische Raum für Gesundheitsdaten“ (EHDS, European Health Data Space) nicht zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung in Deutschland führt und etablierte unverzichtbare Datenschutzstandards zu Lasten des Einzelnen abgesenkt werden.
Mit der Resolution„Aktuelle gesellschaftliche Krisen erfordern auch aus psychotherapeutischer Sicht dringenden Handlungsbedarf“ [PDF, 103 KB] hält die Kammerversammlung fest, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten aufgrund der multiplen Krisen und dem inadäquaten Umgang damit die seelische und körperliche Gesundheit stark gefährdet sehen. Die Klimakatastrophe stelle aktuell die größte Bedrohung für die Gesellschaft und ihre Lebensgrundlagen dar. Die Kammerversammlung appelliert daher an die Politik auf Landes- und Bundesebene, mit klarer Priorität schnelle und effektive Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakatastrophe zu treffen und umzusetzen. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten würden notwendige Veränderungen unterstützen und seien Expertinnen und Experten für psychische Transformationsprozesse. Mit ihrem Sachverstand würden sie sich auf individueller und gesellschaftlicher Ebene jetzt schon an der Umsetzung von Veränderungen beteiligen. Erfolgreicher Gesundheitsschutz impliziere Schutz der Lebensgrundlagen auf diesem Planeten. Dazu gehöre auch die sofortige Umsetzung von Klimaneutralität im Gesundheitssystem selbst, hält die Kammerversammlung im Resolutionstext fest.
Alle Resolutionen wurden von der Kammerversammlung mit Ausnahme von zwei Gegenstimmen einstimmig verabschiedet.