Landesgesundheitskonferenz NRW setzt sich für die bedarfsgerechte und leicht zugängliche medizinische Versorgung für Flüchtlinge ein
„Eine funktionierende gesundheitliche Versorgung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ist nicht nur ein Menschenrecht, sondern auch ein wesentlicher Baustein für die Integration von Flüchtlingen“, betonte Barbara Steffens. „Wir wollen daher einen einfachen Zugang zu gesundheitlichen Leistungen für Flüchtlinge und Asylsuchende ermöglichen und sichern. Nordrhein-Westfalen hat unter anderem mit der Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge einen wichtigen Beitrag dazu geleistet.“
Die Vorsitzende der LGK NRW zeigte sich zudem beeindruckt von der Hilfsbereitschaft ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hilfsorganisationen, vieler freiwilliger Helferinnen und Helfer sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden und Institutionen. „Die Aufgabe, die uns beschäftigt, ist eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten – und die große Hilfsbereitschaft Ausdruck eines breiten gesellschaftlichen Willens nach einem solidarischen Engagement für Flüchtlinge“, bilanzierte Barbara Steffens. „Auch Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens nehmen die Herausforderungen an und wollen die Strukturen bedarfsgerecht entwickeln.“ Insbesondere dankte die Ministerin den Heilberufekammern in NRW für ihr Engagement in der Flüchtlingsversorgung.
Perspektiven für den Alltag, Maßnahmen für die Zukunft
In dem Impulsreferat „Aktuelle Lage der Versorgung von Flüchtlingen und Perspektiven für den praktischen Alltag“ von Dr. Sibylle Scharkus, Oberregierungsmedizinalrätin bei der Bezirksregierung Köln, und Dr. Karl-Heinz Feldhoff, Leiter des Gesundheitsamtes des Kreises Heinsberg und Vorsitzender des Landesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes NRW e.V., wurde deutlich: Die Verwaltung in NRW hat in der Flüchtlingsversorgung engagiert gehandelt und professionell gearbeitet – mit Blick auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge beispielsweise hinsichtlich kultur- und religionssensibler Aspekte oder der Organisation von Dolmetscherdiensten, aber auch in Form von Unterstützung für die Helfenden.
Dr. med. Kayvan Bozorgmehr, Gesundheitswissenschaftler am Universitätsklinikum Heidelberg, widmete sich in seinem Vortrag der Frage „Wie kann eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung gestaltet werden?“. Angesichts einer möglichen dreifachen Krankheitslast geflüchteter Menschen verwies er an erster Stelle auf die Bedeutung psychischer Erkrankungen durch traumatische Erlebnisse und die prekäre Lebenssituation vieler Flüchtlinge in Deutschland. Er betonte Sprechstunden vor Ort als effektive Maßnahme für einen besseren Zugang zum Versorgungssystem. Als Verbesserungsmaßnahmen in Richtung zukunftsfähiges Gesundheitssystem nannte er unter anderem eine frühe Anbindung an die Regelversorgung und die Sicherung von Kontinuität und Effektivität.
Psychotherapeuten engagieren sich für langfristige Lösungen
In der Diskussion wurde unter anderem herausgestellt, dass weiterhin großer Handlungsbedarf hinsichtlich des Abbaus von Notunterkünften und Zeltstädten bestünde. Ebenso viel sei für Information und Betreuung der Geflüchteten sowie den Auf- und Ausbau kultur- und sprachsensibler Hilfen zu tun. Auch der besondere Betreuungsbedarf von Kindern und Jugendlichen und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wurde hervorgehoben. Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW, erklärte, dass bereits 400 niedergelassene Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die neu konzipierten Fortbildungsangebote der Kammer zu Aspekten der Psychotherapie im interkulturellen Setting wahrgenommen hätten. „Generell sehen wir es als eine zentrale Aufgabe und eines der Kernthemen unseres Berufsstandes, einen Beitrag für ein Zusammenleben in Solidarität und Sicherheit zu leisten – erst recht in gesellschaftlich beunruhigende Zeiten“, erklärte Gerd Höhner. Mit Blick auf den verabschiedeten Maßnahmenkatalog hielt der Kammerpräsident fest: „Wir müssen uns besonders intensiv damit befassen, was wir über das Screening hinaus längerfristig für Flüchtlinge tun können und wie sie in die Regelversorgung gelangen. Eine besondere Bedeutung kommt auch der Aufgabe zu, regionale Aktivitäten zu vernetzen.“
Kernaussagen der Entschließung
In der Entschließung der 25. Landesgesundheitskonferenz NRW wird die akute medizinische Versorgung als Brücke zur Regelversorgung gesehen. Vorübergehend sind dafür Sprach- und Kulturmittlerinnen und -mittler notwendig. Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechende Mittel dafür zu Verfügung zu stellen.
Besondere Aufmerksamkeit erhalten traumatisierte Flüchtlinge. Neben der medizinischen Versorgung sollen gezielte bedarfsgerechte Angebote für ihre psychosoziale, psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung entwickelt werden.
Die Entschließung beinhaltet ebenfalls Perspektiven für die soziale und berufliche Integration von Flüchtlingen sowie praktische Planungshilfen für die Beteiligten.
Gleichermaßen sollen die interkulturelle Kommunikation und kultursensibles Handeln gefördert werden. Die Landesgesundheitskonferenz wirkt darauf hin, dass Flüchtlinge schnelle erste Basisinformationen über die Struktur des Gesundheitswesens erhalten.
Damit Flüchtlinge eine Tätigkeit im Gesundheits- und Pflegebereich ausüben können, stellen die Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens entsprechende Informationen zu Verfügung und setzen sich für zügige Kompetenzfeststellungs- und Anerkennungsverfahren ein.
Die Menschen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren, sollen Kompetenzen für schwierige Situationen erhalten und Lösungen aufgezeigt bekommen. Dafür ist der Auf- und Ausbau von unterstützenden Angeboten notwendig.