Leistungsspektrum für psychisch kranke Flüchtlinge bei Einführung der elektronischen Gesundheitskarte: Psychotherapeutenkammer NRW legt auf Landesebene Empfehlungen vor
In den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland wird die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen von gesetzlichen Regelungen bestimmt, die dem großen Versorgungsbedarf dieser Menschen nicht gerecht werden. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge erlaubt die Abkehr von der Einzelfallprüfung durch die Sozialbehörden. Sie ist angesichts der großen Zahl von aktuell in Deutschland Schutz suchenden Menschen deutlich notwendig.
Ergänzend zu der eGK ist nun ein Katalog der Gesundheitsleistungen aufzustellen, die Asylsuchende in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes im Rahmen der Regelungen der eGK erhalten können – jedenfalls solange, bis sie grundsätzlich die eigentlichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten.
Notwendiges Leistungsspektrum berücksichtigen
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) bittet dabei, das notwendige Leistungsspektrum zur Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge zu berücksichtigen. Ihre Empfehlungen hat sie dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkasse sowie dem Deutschen Städtetag vorgestellt. Die Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) hat diese Bitte auf Landesebene weitergetragen und am 31. März 2016 zwei Anschreiben zu den Rahmenempfehlungen für die elektronische Gesundheitskarte für Asylsuchende versandt: an das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW und an das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW.
Darin weist die PTK NRW darauf hin, dass psychische Erkrankungen – wie die meisten körperlichen Erkrankungen auch – meist dringend behandlungsbedürftig sind. Sie stellt heraus, dass für die bei vielen Flüchtlingen festzustellende posttraumatische Belastungsstörung (PBTS) nach der konsentierten S3-Leitlinie bei PTBS Psychotherapie die Behandlungsmethode der Wahl ist und Psychopharmaka kein Ersatz sind.
Regelungen entlang der Psychotherapie-Richtlinie
Die PTK NRW schlägt in ihrem Schreiben an die Ministerien zudem vor, dass die notwendige Begutachtung zum Entscheid über eine Kurzzeittherapie entsprechend der Psychotherapie-Richtlinie von qualifizierten Gutachtern durchgeführt wird. Aktuell sollten die Regelungen, die im Rahmen der Einführung der eGK bereits vertraglich zwischen der Freien Hansestadt Bremen und der AOK Bremen bestehen, in eine bundesweit gültige Rahmenempfehlung aufgenommen werden. Hiernach ist psychisch kranken Flüchtlingen, bei denen eine Psychotherapie indiziert ist, eine Kurzzeitpsychotherapie zu genehmigen.
Darüber hinaus betont die PTK NRW, dass die für eine indizierte Behandlung notwendigen Sprachmittlungsleistungen durch das Sozialamt finanziert werden müssen – ohne dass es eine Einzelfallprüfung durchführen muss. Schließlich erklärt die Kammer, dass bei der Erarbeitung des Leistungsspektrums für psychisch kranke Flüchtlinge zu berücksichtigen sei, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes die EU-Aufnahmerichtlinie vom 26. Juni 2013 (Richtlinie 2013/33/EU) umsetzen will. Damit wird der Kreis besonders schutzbedürftiger Personen erweitert und ein spezifischer Versorgungsanspruch für diese Gruppe formuliert werden. Traumatisierte und psychisch kranke Menschen gehören entsprechend der EU-Aufnahmerichtlinie zu diesen besonders schutzbedürftigen Personen.
Austausch ausdrücklich erwünscht
Die PTK NRW bekräftigt in ihren Schreiben den Wunsch, mit den zuständigen Landesministerien in den Austausch darüber zu kommen, wie mit bundesweiten Rahmenempfehlung zur Ausgabe der eGK eine angemessene Versorgung von psychisch kranken Flüchtlingen in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland sichergestellt werden kann.