Neuer Themenschwerpunkt „Qualitätssicherungsverfahren zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter“ online
Am 18. Januar 2024 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Qualitätssicherungsverfahren zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter (QS ambulante Psychotherapie, QS AmbPT) [PDF, 745 KB] beschlossen. Bevor ein solches datengestütztes Qualitätssicherungsverfahren (QS-Verfahren) möglicherweise bundesweit eingeführt wird, soll es vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2030 in Nordrhein-Westfalen erprobt werden. An dem sechsjährigen Testlauf müssen alle niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Nordrhein-Westfalen teilnehmen, die im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) tätig sind und Erwachsene behandeln. Die ambulante Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ist von der Erprobung ausgenommen. Das gilt auch dann, wenn sie für 18-jährige oder ältere Patientinnen oder Patienten erbracht wird. Das Antrags- und Gutachterverfahren bleibt während der Erprobungsphase in Nordrhein-Westfalen bundesweit weiterhin bestehen.
Umfassender Themenschwerpunkt eingerichtet
Dem Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen ist es ein Anliegen, die Kammerangehörigen zum QS-Verfahren sowie zum Testlauf in Nordrhein-Westfalen und den damit verbundenen Anforderungen an die Praxen zu informieren. Die Kammer hat auf ihrer Homepage einen Themenschwerpunkt „Qualitätssicherungsverfahren zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter“ eingerichtet. Vertrags-Psychotherapeutinnen und Vertrags-Psychotherapeuten, die erwachsene Patientinnen und Patienten versorgen, finden dort Erläuterungen zum Vorhaben des Gesetzgebers und zu Kritikpunkten der Kammer. Im Verlauf der weiteren Entwicklungen wird dieser Themenschwerpunkt aktualisiert und ergänzt. Detaillierte Angaben zum Ablauf des Testlaufs fallen in den Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigungen und können bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) [externer Link] und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) [externer Link] online abgerufen werden.
Kammer bewertet Pläne des Gesetzgebers kritisch
Die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen hat die bereits 2018 angelaufenen Aktivitäten des Gesetzgebers zur Entwicklung des QS-Verfahrens für die ambulante Psychotherapie kontinuierlich inhaltlich und methodisch kommentiert. Insgesamt steht der Kammervorstand den Plänen für das QS-Verfahren, das trotz wiederholter Versuche der Kooperation mit nur minimalem Einbezug externer Fachexpertise konzipiert wurde, sehr kritisch gegenüber. Er ist davon überzeugt, dass es in der vorliegenden Form nicht geeignet ist, die Qualität der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung zu erfassen bzw. zu verbessern. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass sich seine Umsetzung nachteilig auf die psychotherapeutische Versorgung auswirken wird. Allein die Datenerhebung wird wertvolle Zeitressourcen binden, die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten angesichts der auszumachenden Versorgungsmängel viel dringender für die Behandlung von Patientinnen und Patienten benötigen.
Die fachliche Kritik blieb mit Ausnahme des Entschlusses zu einer Erprobung des QS-Verfahrens fast vollständig unberücksichtigt. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat das Vorhaben jetzt bestätigt. Die nun anlaufende Erprobungsphase bringt uns – die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen und die niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten – in eine widersprüchliche, ja paradoxe Situation: Wir sind sehr begründet überzeugt, dass das vorgelegte Verfahren für die Qualitätssicherung und -verbesserung ungeeignet ist und davon keine positiven Impulse für die Weiterentwicklung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung ausgehen werden; andererseits müssen wir das Verfahren korrekt anwenden. Eine überzeugende Kritik am Verfahren ist nur möglich, wenn wir die Aufgabe annehmen und im Sinne des Verfahrens richtig umsetzen.
Der Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen wird sich weiterhin mit den Plänen des Gesetzgebers zur Qualitätssicherung befassen. Wir arbeiten gemeinsam mit der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) an einer Strategie zum Testlauf in Nordrhein-Westfalen, sind auf Landesebene in verschiedenen Gremien zum Arbeitsthema Qualitätssicherung aktiv und werden uns kammerintern intensiv mit der Thematik auseinandersetzen. Alle Aktivitäten sind darauf ausgerichtet, auf sinnvolle Maßnahmen für eine Qualitätssicherung in der ambulanten Psychotherapie hinzuwirken, die Interessen der Kammermitglieder zu vertreten und ihre Stimme in die Planungsprozesse einzubinden. Ebenso ist es uns ein Anliegen, die vom Gesetzgeber zur Teilnahme am Testlauf verpflichteten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Nordrhein-Westfalen im Rahmen unserer Möglichkeiten und Zuständigkeiten zu unterstützen.