Psychisch Kranke im Ruhrgebiet weiter benachteiligt - G-BA beschließt neue Bedarfsplanungs-Richtlinie
Das Ruhrgebiet bleibt eine Sonderregion mit einer besonders schlechten Gesundheitsversorgung für psychisch kranke Menschen. In den Großstädten zwischen Duisburg und Dortmund dürfen zukünftig nur ein Drittel der Psychotherapeuten arbeiten, die in allen anderen deutschen Großstädten üblich sind. Während sich in Nürnberg, Leipzig oder Stuttgart 32,5 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner niederlassen dürfen, sind es in Duisburg, Essen und Dortmund nur 11,4 Psychotherapeuten. „Die neue Bedarfsplanungs-Richtlinie ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen im Revier“, kritisiert Monika Konitzer, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer NRW die heutige Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). „Die Obergrenze von rund 11 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner im Ruhrgebiet ist keine Verbesserung, nachweislich viel zu niedrig und führt zu Wartezeiten von durchschnittlich 17 Wochen. Psychisch Kranke müssen im Revier deshalb doppelt so lange auf einen Termin beim Psychotherapeuten warten wie in anderen deutschen Großstädten.“
„Der G-BA ist bei seiner Reform der Bedarfsplanung für psychisch Kranke gescheitert“, urteilt die Präsidentin der nordrhein-westfälischen Psychotherapeuten. Der G-BA hatte den gesetzlichen Auftrag, die notwendige Zahl an Psychotherapeuten „nicht mehr stichtagsbezogen“ und „allein sachgerecht“ neu zu berechnen. Tatsächlich bleibt es für das Ruhrgebiet bei den überholten Zahlen, die auf dem Stichtag 31. August 1999 beruhen und die den Bedarf massiv unterschätzen. „Sachgerecht wäre es gewesen, die Sonderregion Ruhrgebiet in der Bedarfsplanung abzuschaffen“, fordert Konitzer. „Die Menschen im Revier werden genauso häufig psychisch krank wie in anderen deutschen Großstädten.“
Die neue Bedarfsplanungs-Richtlinie verschärft sogar die schlechte Versorgung psychisch Kranker in Nordrhein-Westfalen. Da der G-BA weiterhin mit den veralteten Zahlen aus dem Jahr 1999 rechnet, sind ab 2013 knapp 1.600 psychotherapeutische Praxen vom Abbau bedroht. Selbst im benachteiligten Ruhrgebiet könnten in den nächsten Jahren rund 300 Praxen stillgelegt werden, wenn ein Psychotherapeut in Ruhestand geht. Nach Berechnungen der Psychotherapeutenkammer NRW fehlen im Ruhrgebiet jetzt schon rund 700 Praxen.
„Empörend ist, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) einer solch miserablen Reform zugestimmt hat“, erklärt die NRW-Präsidentin. Die Psychotherapeuten hatten im Vorfeld einem gesonderten Honorartopf für Psychotherapeuten zugestimmt, damit ein Zuwachs an psychotherapeutischen Leistungen nicht mehr zu Lasten von ärztlichen Honoraren gehen kann. „Die KBV setzt sich für die Versorgung von psychischen Kranken deutlich weniger ein als für die Versorgung von körperlich Kranken – das ist sehr befremdlich.“