Referentenwurf für ein Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung - Stellungnahme der PTK NRW
Am 3. Januar 2019 hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den lang angekündigten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung vorgelegt. Kernstück des Entwurfs ist ein fünfjähriges Hochschulstudium der Psychotherapie, das sich aus einem dreijährigen Bachelorstudium und einem darauf aufbauenden zweijährigen Masterstudium zusammensetzt. Mit dieser Regelung für ein Direktstudium wird auf die bisherige postgraduale Ausbildungsstruktur für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten verzichtet. Stattdessen wird eine verfahrensbreite und altersspannenumfassende Ausbildung zur „Psychotherapeutin“ bzw. zum „Psychotherapeuten“ – so die vorgesehene Berufsbezeichnung – eingeführt.
Künftig soll nach einer staatlichen Prüfung nach dem Psychotherapiestudium die Approbation erteilt werden. In der sich anschließenden Weiterbildung zur „Fachpsychotherapeutin“ bzw. zum „Fachpsychotherapeuten“ wird die Fachkunde in einem wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren erworben. Sie ist für die Eintragung in das Arztregister und für die Zulassung zur psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter Voraussetzung. Ebenso werden in der Weiterbildung Schwerpunkte in der Behandlung von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen gesetzt.
„Wegweisende Reform“
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt den Entwurf in ihrer Stellungnahme als wegweisende Reform der Psychotherapeutenausbildung. Mit der Einführung eines Hochschulstudiums der Psychotherapie, das mit einem Masterabschluss endet, und einer Weiterbildung, die sowohl ambulant als auch stationär eine breitere Qualifizierung sichert, erfolge eine richtungsweisende Integration der Versorgung psychisch kranker Menschen in das deutsche Gesundheitssystem. Die bewährten Strukturen eines Hochschulstudiums mit anschließender Weiterbildung würden damit künftig wie für die anderen akademischen Heilberufe auch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gelten; der Sonderweg der bisherigen Psychotherapeutenausbildung werde beendet.
„Die Richtung stimmt“
„Es ist erfreulich, dass wir in dem Entwurf die Positionen, die wir in den Arbeitsprozess für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung immer wieder eingebracht haben, in wesentlichen Punkten wiederfinden“, betont Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW). „Im Detail sehen wir weiteren Diskussionsbedarf, beispielsweise zur Legaldefinition, hinsichtlich der Qualifikation der Lehrenden im Hochschulbereich und der gelehrten Verfahrensvielfalt. Grundsätzlich geht der vorliegende Entwurf jedoch in die richtige Richtung.“
Mit dem Gesetzentwurf werde die Ausbildung auf Masterniveau gesichert, was seit der Bologna-Reform der Studienabschlüsse nicht mehr bundesweit einheitlich der Fall war, erklärt Gerd Höhner. „Auch die bestehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Ausbildungsbedingungen werden mit dem vorliegenden Entwurf verbessert, wobei in wesentlichen Punkten weiterhin Änderungsbedarf besteht.“ Bisher arbeiteten angehende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nach einem abgeschlossenen Studium mindestens drei Jahre in der Versorgung, davon eineinhalb Jahre bei geringer Bezahlung als „Praktikanten“ in psychiatrischen oder psychosomatischen Krankenhäusern oder Reha-Kliniken. Nach der Reform sollen sie nach dem zur Approbation führenden Studium während ihrer Weiterbildung in der Versorgung tätig sein und entsprechend vergütet werden. Die geplante Reform stelle zudem sicher, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im ambulanten und auch im stationären Bereich nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen weitergebildet werden und über eine ausreichend lange Weiterbildung im ambulanten und im stationären Bereich für ihre vielfältigen Aufgaben umfassend qualifiziert werden. Positiv hervorzuheben seien auch der Bestandsschutz für die Ausbildungsinstitute und die vorgesehenen Regelungen zur Weiterführung der bisherigen Berufsbezeichnungen.
Weiterhin Klärungsbedarf
Noch zu klären sei, wie finanzielle Eigenbeiträge der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung vermieden können und ihre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geregelt werden kann. Zudem sollte die Heilkundeerlaubnis in Anlehnung an die anderen verkammerten Heilberufe erteilt werden. Denn wie bei allen anderen Heilberufen ist durch die Aus- und Weiterbildung in Verbindung mit den Berufsordnungen und der Berufsaufsicht der Landespsychotherapeutenkammern flächendeckend sichergestellt, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Patienten unter Einhaltung der Sorgfaltspflichten und dem aktuellen fachlichen Wissensstand behandeln. Dies selbst zu regeln, gehört zum Kernbereich der Tätigkeit von Psychotherapeutenkammern wie auch Ärztekammern.
„Ebenso treten wir dafür ein, ausreichende praktische Erfahrungen in die Ausbildung zu integrieren und halten an der Forderung fest, ein Praxissemester einzuführen, das dem ‚Praktischen Jahr’ im Medizinstudium entspricht“, erklärt Kammerpräsident Gerd Höhner. Weiterhin sollte gesichert sein, dass an der Hochschule praktische Erfahrungen in mindestens zwei wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren erworben werden, die für die Versorgung psychisch kranker Menschen relevant sind. „Die mit dem Entwurf vorgesehene Einführung eines Modellstudiengangs ‚Psychopharmakotherapie’ hingegen lehnen wir weiterhin ab“, stellt der Kammerpräsident klar. Ein Konzept wie aktuell vorgeschlagen sei nicht zielführend. Darüber hinaus stellen bei der Einführung neuer Strukturen die im Referentenentwurf genannten Übergangszeiten zwar einen wichtigen Vertrauensschutz für derzeit in Ausbildung befindliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dar – allerdings hätten mit diesen Übergangszeiten auch die prekären Verhältnisse noch lange Bestand, mahnt Gerd Höhner an. „Die PTK NRW setzt sich daher dafür ein, dass Regelungen zur Zwischenlösung geprüft werden.“
„Unser Berufsstand ist angekommen“
„Insgesamt sehen wir in dem vorliegenden Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung viele wesentliche Punkte für eine hochwertige, umfassende und finanziell abgesicherte Ausbildung zukünftiger Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geregelt“, fasst der Kammerpräsident zusammen. „Nicht zuletzt trägt der Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium auch der Tatsache Rechnung, dass unsere vergleichsweise junge Profession mittlerweile eine feste Größe im Gesundheitssystem ist, wir gute und notwendige Angebote für die Versorgung von Patientinnen und Patienten bereithalten und die Grundlagen dafür gesetzlich gesichert sein müssen.“