Regionalversammlung im Regierungsbezirk Köln am 27. März 2019

Mit einer Regionalversammlung für den Regierungsbezirk Köln am 27. März 2019 führte die Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) das Konzept der Treffen vor Ort weiter, in denen der Vorstand die Kammermitglieder über aktuelle berufspolitische Themen in NRW und auf Bundesebene informiert, Einblicke in die Aktivitäten der Kammer gibt und Gelegenheit zum Austausch bietet. Rund 90 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten waren der Einladung nach Köln gefolgt. Auf ihre Fragen und Anmerkungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten ging der Vorstand im Rahmen der Veranstaltung ausführlich ein.

Reform der Psychotherapeutenaus- und weiterbildung

Gerd Höhner, Präsident der PTK NRW, begrüßte die Teilnehmenden und kam zunächst auf die Reform der Psychotherapeutenaus- und weiterbildung zu sprechen. Verschiedene Gesprächspartner hätten von Anfang an die Notwendigkeit für eine Gesetzesnovelle gesehen und das Vorhaben unterstützt, darunter auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Dort habe man früh erkannt, dass sich die Reform auch auf die ärztliche Weiterbildung auswirken werde. „Es erstaunt uns nicht, dass derzeit verschiedene ärztliche Gruppen scharfe Kritik am vorliegenden Kabinettsentwurf üben“, erklärte Gerd Höhner. „Die Reformbestrebungen unterstreichen einmal mehr die beträchtlichen Versorgungsaufgaben, die unsere vergleichsweise junge Profession mittlerweile erfüllt. Es ist nicht verwunderlich, dass dies bei alteingesessenen Akteuren im System zu Angst um Position und Pfründen führt und der Diskussion einen spürbar emotionalen Drall verleiht.“ Als Kammer nehme man die geäußerten Befürchtungen ernst und bemühe sich auf Landes- und Bundesebene um sachliche Gespräche mit Kritikern und Gegnern. „Das ist nicht immer einfach, doch mit den nordrhein-westfälischen Ärztekammern haben wir hierzu mittlerweile einen konstruktiven Austausch. Das liegt uns auch sehr am Herzen. Denn nur gemeinsam können wir Verbesserungen in der Versorgung erreichen.“

Insgesamt sehe man mit dem Kabinettsentwurf für das Gesetz zur Aus- und Weiterbildung die für den Berufsstand wesentlichen Ziele erreicht. „Dazu gehört unter anderem die neue, einheitliche Berufsbezeichnung ‚Psychotherapeutin/Psychotherapeut’“, erläuterte Gerd Höhner. „Den Beruf so zu nennen, lag auf der Hand, war aber den ärztlichen Kollegen nicht vermittelbar. Wir sind froh, dass der Gesetzgeber nun so entschieden hat.“ Auch dass trotz erheblicher Widerstände die bestehenden Fachkunden als gesetzlich geschützte Berufsbezeichnungen im neuen System verortet wurden, sei als Erfolg zu werten. Für Anfang Juni ist die erste Lesung des Gesetzesentwurfs im Bundestag avisiert. Der Zeitplan des Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sieht die Verabschiedung rasch vor der Sommerpause vor.

Digitalisierung im Gesundheitswesen

In Vertretung für den erkrankten Bernhard Moors aus dem Vorstand der PTK NRW informierte Gerd Höhner weiter über wesentliche Aufgaben, die mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen auf den Berufstand zukommen. Als ein zentrales Thema definierte er die Ausstattung der Praxen. Dabei ging er auch auf Fragen und Anmerkungen von Teilnehmenden zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur ein. Befassen müsse man sich besonders mit Datenschutz und Datensicherheit: Wie können elektronische Medien in der Psychotherapie so genutzt werden, dass für die Berufsausübung wesentliche Grundlagen wie die Schweigepflicht und das Vertrauensverhältnis zwischen Patientinnen bzw. Patienten und Therapeutinnen bzw. Therapeuten nicht gefährdet werden? Hierfür sei nicht zuletzt kritisch zu hinterfragen, wer die Gesundheitsdaten erhält. „Man hat die Idee, dass Querinformationen zwischen Behandlerinnen und Behandlern sinnvoll sind – meiner Meinung nach ist es aber lange noch nicht hilfreich, wenn alle alles wissen“, konstatierte der Kammerpräsident. „Bislang besteht auch keine klare Grenze zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern. Dabei ist nicht kritisch zu sehen, dass die, die zahlen, wissen wollen, wofür sie ihr Geld ausgeben. Aber wie gehen wir damit um? Wer ist der Chef der Daten? Und wie können Sie sicher sein, dass Ihre Behandlungsdaten bei Ihnen bleiben? Ich bin von den Vorschlägen, die hierzu gemacht wurden, nicht überzeugt.“ Trotzdem dürfe sich die Profession der Entwicklung nicht verschließen. „Es ist wichtig, dass wir uns beteiligen und auf die Probleme hinweisen, die wir sehen. Wenn wir nicht mitmachen, sind wir außen vor und es geht ohne uns weiter.“

Ein drittes wichtiges Themenfeld seien Internetangebote in der Psychotherapie. „Viele Patientinnen und Patienten interessieren sich dafür. Damit wächst in der Profession die Sorge, dass unser Berufsstand in Zukunft an Bedeutung verlieren könnte“, beschrieb Gerd Höhner. „Bei den Krankenkassen kommt der Gedanke auf, mit entsprechenden Programmen und Apps ambulante Versorgungsangebote zu ersetzen und so Kosten einsparen zu können. Wir sehen jedoch: Selbstgesteuerte Hilfe funktioniert anfangs – aber sobald Schwierigkeiten auftreten, ist die persönliche, reale Beziehung zum Therapeuten oder zur Therapeutin gefordert.“ Studien würden belegen, dass Programme ohne persönliche therapeutische Begleitung häufig abgebrochen werden. Wirksamer seien Angebote, die eine Psychotherapie unterstützen – über die müsse man reden.

Versorgungssteuerung

Über aktuelle Entwicklungen zur Versorgungssteuerung informierte Andreas Pichler, Vizepräsident der PTK NRW. Ein Reizthema des vergangenen Jahres sei die in dem Entwurf für ein Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vorgesehene „gestufte und gesteuerte Versorgung“ gewesen, erinnerte er. Zahlreiche Proteste aus dem Berufsstand und von Patientinnen, Patienten und Angehörigen hätten erfolgreich dazu beitragen, dass der Gesetzgeber diesen Passus schließlich zurückgenommen habe. Die Aufgabe, Konzepte für die Versorgungssteuerung zu erarbeiten, sei nun als Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in den Gesetzesentwurf zur Reform der Psychotherapeutenaus- und Weiterbildung verschoben worden.

Das am 14. März 2019 verabschiedete TSVG enthalte jedoch einige weitere Regelungen, die aus Sicht der Kammer fragwürdig seien. Als ein Beispiel führte Andreas Pichler an, dass die Terminservicestellen (TSS) Patientinnen und Patienten nun innerhalb von zwei Wochen einen Termin bei einer Psychotherapeutin bzw. einem Psychotherapeuten vermitteln sollen. „Die Kassenärztlichen Vereinigungen melden uns zurück, dass die Vermittlung innerhalb von vier Wochen gut klappt“, hielt Andreas Pichler fest. „Sie funktioniert aber nur, weil unsere Kolleginnen und Kollegen ihre Praxis entsprechend umorganisiert haben und Akutbehandlungen ermöglichen. Doch die Kapazitäten sind ausgereizt und es hilft wenig, die Daumenschraube anzulegen. Auch eine Weiterleitung in die stationäre Versorgung ist keine Lösung. Dort bestehen keine mit einer ambulanten Psychotherapie vergleichbaren Angebote.“

Die Kammer sehe zudem zwei Elemente kritisch, die in den Gesetzesentwurf zur Reform der Psychotherapeutenaus- und Weiterbildung aufgenommen wurden. Dies sei zum einen die Regelung, dass der G-BA im Rahmen der Psychotherapie-Richtlinie den „Behandlungsbedarf diagnoseorientiert und leitliniengerecht konkretisieren“ könne. „Was das genau bedeutet, ist noch unklar. Es darf aber auf keinen Fall zu Kürzung oder indikationsbezogenen Regulierung der Kontingente kommen“, betonte der Vizepräsident. Das zweite sei der Auftrag an den G-BA, Regelungen für eine „berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung“ zu schaffen. „Dies liest sich zunächst positiv, wenn es um die Versorgung von Menschen mit speziellem Behandlungsbedarf und erhöhter Krankheitslast geht“, differenzierte Andreas Pichler. „Wir sind aber gleichzeitig alarmiert, denn der Erstzugang zu Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten muss unbedingt erhalten bleiben. Auch darf nicht kaputtreguliert werden, was sich bewährt hat und gut läuft. Der G-BA soll diesen Auftrag bis Juli 2020 umsetzen. Wir werden diese Zeit gut nutzen und die Beratungen mit sinnvollen und lösungsorientierten Vorschlägen im Sinne einer guten Versorgung unterfüttern.“

PTK NRW intern

Zum Abschluss gab Andreas Pichler einige Einblicke in Kammerinterna. Der Haushalt sei stabil, die Mitgliederbeiträge könnten auf dem bekannten Niveau gehalten werden. Mittlerweile bewährte Veranstaltungen wie „Angestellte im Fokus“ oder neue Angebote wie das in diesem Jahr erstmals durchgeführte Symposium für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sollen beibehalten werden, neue Projekte wie der Relaunch der Homepage seien angelaufen.

Die Mitgliederzahl liege aktuell bei 11.600 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. „Diese Zahl verdeutlicht, dass unsere Profession mittlerweile eine große Berufsgruppe darstellt und im Bereich der Psychotherapie eine beachtliche Kompetenz bündelt“, so der Kammervize. Mit im Schnitt 550 Neuzugängen jährlich wachse die PTK NRW weiterhin. Angesichts dieser Entwicklung sei perspektivisch der Stellenplan der Geschäftsstelle zu erweitern, u. a. in den Bereichen Mitgliederberatung und EDV. Ebenso habe die steigende Mitgliederzahl Auswirkungen auf die Größe der Kammerversammlung. In der neuen Legislatur ab Juni 2019 werde sie von bisher 85 auf 110 Mitglieder angewachsen sein.

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