RTL lässt Teenager mit fremden Säuglingen experimentieren
Psychotherapeutenkammer NRW fordert gesetzliche Grauzone zu beseitigen
„RTL betreibt ein lausiges Geschäft mit dem kalkulierten Tabubruch“ erklärt Monika Konitzer, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer NRW, zur neuen RTL-Serie „Erwachsen auf Probe“, die ab dem 3. Juni ausgestrahlt werden soll. Nach der RTL-Pressemappe sind für diese Serie Säuglinge „einige Tage“ fremden Teenagerpärchen ausgeliefert worden, die an ihnen ihre elterlichen Kompetenzen erproben. Die leiblichen Eltern könnten ihre Babys 24 Stunden am Tag aus dem gegenüberliegenden Haus beobachten. „Wenn der Dreh tatsächlich unter diesen Bedingungen stattgefunden hat, dann lag der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vor und war ein Fall für das Jugendamt“ stellte Konitzer fest. „Es wäre auch unverständlich, dass die Eltern ihre sieben- bis zwölfmonatigen Kinder als Versuchskaninchen für solche TV-Experimente zur Verfügung stellen.“
Je kleiner ein Kind ist, desto mehr braucht es die unmittelbare körperliche Nähe seiner Eltern. Für Säuglinge ist es enorm wichtig, nicht zu lange allein gelassen zu werden. Babys sind sehr verletzbar, wenn sie zu lange von ihren Eltern getrennt werden. Die Trennung von ihren Eltern löst schnell Angst und Unsicherheit aus. Eine zu lange Abwesenheit der Mutter oder des Vaters erleben Babys schnell als endgültigen Verlust. Es kann zu einem Stillstand oder sogar einem Rückschritt in der kindlichen Entwicklung kommen. Tagelange Trennungen können für Säuglinge und kleine Kinder zu traumatischen Erlebnissen werden, die ihre Gesundheit gefährden. Sie können daran psychisch erkranken und danach depressiv oder hyperaktiv werden oder klammern lebenslang. Nicht zuletzt sind deshalb für Eltern, deren Kinder ins Krankenhaus müssen, Begleit- und Übernachtungsmöglichkeiten (Rooming in) tagtägliche Praxis geworden.
„Was mich am meisten aufregt ist, dass Säuglinge hilflos und abhängig sind und sich nicht gegen solche TV-Experimente wehren können“ kritisierte die Präsidentin der nordrhein-westfälischen Psychotherapeutenkammer. „Jetzt müssen wir nicht nur die Kinder vor Gewalt- und pornografischen Szenen im Fernsehen schützen. Wir müssen jetzt auch dafür sorgen, dass mit ihnen nicht gesundheitsgefährdende Experimente gemacht werden.“ Bei der Mitwirkung von Kindern an Hörfunk- und Fernsehsendungen besteht eine rechtliche Grauzone. Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt diese Mitwirkung erst für Kinder ab drei Jahren. „Die Jugendministerien der Länder und des Bundes sollten schnellstens prüfen, ob im geplanten Kinderschutzgesetz nicht noch ein grundlegender Schutz für Kleinstkinder im TV-Geschäft geschaffen werden kann“ fordert Monika Konitzer.