Rückblick auf die 2. Sitzung der 6. Kammerversammlung am 23.11.2024
Am 23. November 2024 sind die Mitglieder der Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf zu ihrer 2. Sitzung in dieser Amtsperiode zusammengekommen.
Andreas Pichler, Präsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, eröffnete die Sitzung. Als Gäste begrüßte er die Sprecherin und die Sprecher der PIA-Vertretung NRW (Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung). Grüße endsandte er an die ebenfalls in die Kammerversammlung geladene, jedoch durch eine eigene Tagung verhinderte Vertretung der Psychologie Fachschaften Konferenz (PsyFaKo). Der PsyFaKo gebühre Dank und Anerkennung für ihre Aktivitäten, um die fehlende Finanzierung der Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin bzw. zum Fachpsychotherapeuten anzumahnen. Dem Team der Geschäftsstelle dankte er für die umfassende Vorbereitung der Sitzung.
In einem Nachruf würdigte Andreas Pichler den am 19. September 2024 verstorbenen Johannes Broil. Johannes Broil habe sich über viele Jahre in der Kammer eingebracht: im Vorstand, in weiteren Gremien und als ihr Delegierter beim Deutschen Psychotherapeutentag (DPT). Man habe ihn, dessen berufspolitisches Engagement stets von Verständnis für unterschiedliche Positionen und dem Streben nach Vernetzung geprägt gewesen sei, als Kollegen sehr geschätzt. Die Kammerversammlungsmitglieder gedachten Johannes Broil in einer Schweigeminute.
Mündlicher Vorstandsbericht
Den mündlichen Vorstandsbericht einleitend gab Andreas Pichler zu bedenken, dass die Welt derzeit durch Krisen wie Kriege, fehlende Lösungen für die Klimakatastrophe und besorgniserregende gesellschaftliche und politische Entwicklungen geprägt werde. Verbale Pöbeleien, Ausgrenzung und Entwertung im Umgang miteinander seien eine Bedrohung für ein gesundes soziales Miteinander und für die demokratische Kultur. Mit dem Bruch der Regierungskoalition in Berlin stehe zudem zu befürchten, dass viele für die Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung bedeutsame Gesetzesvorhaben zunächst ausgebremst seien. In Zeiten wie diesen sei der Berufsstand in seinem gesundheitspolitischen Engagement gefordert, erklärte der Kammerpräsident. Es gelte zudem, die Stimme zu erheben, zu mahnen und sich zu engagieren: für die Grundwerte der Demokratie, einen respektvollen Umgang miteinander, eine gerechte und vielfältige Welt und Gesellschaft.
Im Folgenden griffen Vorstandsmitglieder Themen und Aspekte der Vorstandsarbeit auf. Bettina Meisel informierte zur Verleihung des Diotima-Ehrenpreises der Bundespsychotherapeutenkammer an Peter Lehndorfer und Prof. Dr. Silvia Schneider. Mit Prof. Dr. Silvia Schneider sei eine Vertreterin des Berufsstandes aus Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet worden, mit der die Kammer bereits viele Jahre gut und erfolgreich zusammenarbeite. Bettina Meisel motivierte darüber hinaus, nach dem „Ampel-Aus“ in Berlin und den Folgen für laufende Gesetzgebungsverfahren weiterhin intensiv an der Umsetzung der Weiterbildung zu arbeiten. Man müsse aufzeigen: Die Profession sei bereit. Doch es brauche eine Finanzierung.
Andreas Pichler berichtete, dass dem im August 2024 gewählten Vorstandsteam ein guter Arbeitsstart gelungen sei. Für die bereits eingerichteten und die geplanten Ausschüsse der Kammer seien die Zuständigkeiten im Vorstand festgelegt worden. Gleiches gelte für die fortzuführenden und neu eingerichteten Kommissionen zu den Arbeitsbereichen Klimaschutz, klinische Neuropsychologie und neuropsychologische Psychotherapie, Großschaden und Notfallpsychotherapie, Psychotherapie im institutionellen Bereich, Qualitätssicherungserprobungsverfahren NRW und psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung.
Oliver Kunz informierte zur Mitarbeit der Kammer an der Fortschreibung des Landespsychiatrieplans NRW. Der Vorstand sei bereits an der Entwicklung des ersten Landespsychiatrieplans NRW von 2017 beteiligt gewesen und wirke auch an seiner Weiterentwicklung mit. Insgesamt sei es gelungen, in viele Textpassagen psychotherapeutische Inhalte einzubringen, hielt Oliver Kunz fest. So sei es unter anderem möglich gewesen, auf Defizite der psychotherapeutischen Versorgung bestimmter Bevölkerungsgruppen, mögliche Konsequenzen einer fehlenden Finanzierung für die Weiterbildung sowie Mängel der Richtlinie zur Personalbemessung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) hinzuweisen.
Abschließend ging Elisabeth Dallüge auf die tarifliche Eingruppierung im Angestelltenbereich ein. Der Berufsstand fordere seit langem die Entgeldgruppe (EG) 15 für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten. Nicht approbierte Absolventinnen und Absolventen mit Masterabschluss im neuen Psychotherapiestudium sollten nach EG 13 bezahlt werden, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung nach EG 14, Fachpsychotherapeutinnen und Fachpsychotherapeuten nach EG 15. Dem Vorstand setze sich aktiv für eine angemessene Vergütung ein. Es brauche jedoch auch ein starkes Engagement des Berufsstandes auf gewerkschaftlicher Ebene, appellierte Elisabeth Dallüge.
Aussprache zum mündlichen und schriftlichen Vorstandsbericht
In der Aussprache meldeten sich Kammerversammlungsmitglieder zu Aspekten im mündlichen Vorstandsbericht und weiteren Arbeitsschwerpunkten im Kammervorstand zu Wort. Mehrfach wurde betont, dass die Weiterbildung trotz der drohenden Verschiebung hierfür relevanter Gesetzesentwürfe nicht ins Stocken geraten dürfe. Der Vorstand versicherte, dass die Umsetzung der Weiterbildung und alle damit verbundenen Aufgaben hohen Stellenwert hätten. Delegierte dankten dem Vorstand auch für seine breit gefächerten Aktivitäten, die im schriftlich vorgelegten Bericht deutlich würden. Es sei erfreulich, dass trotz des großen personellen Wechsels bereits viele Aufgaben in Angriff genommen werden konnten. Der Vorstand bedankte sich in diesem Zusammenhang bei der Geschäftsstelle für die intensive Zuarbeit, die den guten Start in die Amtsgeschäfte ermöglicht habe.
Qualitätssicherungsverfahren – Erprobung in Nordrhein-Westfalen
Mit Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) soll das geplante Qualitätssicherungsverfahren (QS-Verfahren) in der ambulanten Psychotherapie ab Januar 2025 in Nordrhein-Westfalen (NRW) erprobt werden. Vor diesem Hintergrund hatte der Kammervorstand bereits in der zurückliegenden Amtsperiode die Kommission „QS Erprobung NRW“ eingerichtet. Kommissionsprecher Martin Zange informierte über ihre Aktivitäten und Ziele. Unter anderem befasse man sich damit, die kontinuierliche Begleitung der Erprobung zu sichern, Informationen aller beteiligten Institutionen und Gremien zusammenzutragen und den Meinungsaustausch aufrechtzuerhalten.
Oliver Kunz erläuterte ergänzend die Vorstandsaktivitäten zur Erprobung des QS-Verfahrens in NRW. Auf Landesebene sei der Vorstand im Austausch mit beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Man strebe dabei an, als Kammer in alle relevanten Prozesse und Gremien einbezogen zu werden. Auch auf Bundesebene sei der Vorstand aktiv, unter anderem in der Bund-Länder-AG Qualitätssicherung. Zusammenfassend betonte Oliver Kunz, dass gesetzlich Krankenversicherte unbestritten Anspruch auf eine nachweislich qualitätsgesicherte psychotherapeutische Versorgung hätten. Das hierfür geplante Verfahren sei jedoch aus vielerlei Gründen ungeeignet. Der Kammervorstand fordere den Gesetzgeber daher auf, den Auftrag zur Einführung des QS-Verfahrens für die ambulante psychotherapeutische Versorgung ersatzlos zu streichen.
In der Diskussion vertieften die Kammerversammlungsmitglieder Fragen und Herausforderungen zu diesem Arbeitsthema. Mehrfach wurde hervorgehoben, dass die Profession die Qualitätssicherung ihrer Arbeit nicht ablehne und Maßnahmen zu diesem Zwecke umsetze. Das vom Gesetzgeber geplante Verfahren sei jedoch in jeder Hinsicht unbrauchbar.
Einrichtung von Ausschüssen
Die 6. Kammerversammlung befasste sich in ihrer 2. Sitzung mit der Einrichtung von Ausschüssen für die Wahlperiode 2024 bis 2029. Beschlossen wurden die Ausschüsse „Antidiskriminierung und Diversität“, „Digitalisierung“, „Psychotherapie in der ambulanten Versorgung“, „Psychotherapie in Anstellung“, „Psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“ und „Satzung, Berufsordnung und Berufsethik“. Ebenfalls beschlossen wurden die Arbeitsaufträge und die personelle Besetzung der Ausschüsse. In ihrer 1. Sitzung hatte die 6. Kammerversammlung bereits den Finanzausschuss und den Ausschuss „Fort- und Weiterbildung“ eingerichtet.
Jahresabschluss 2023
Kammerpräsident Andreas Pichler stellte den Jahresabschluss der Kammer für das Jahr 2023 vor. Er schlüsselte die Ausgaben und Einnahmen auf und erläuterte die Entwicklung der Rücklagen. Dr. Georg Kremer, Vorsitzender im Finanzausschuss, gab bekannt, dass der Jahresabschluss 2023 vom Revisionsverband einen uneingeschränkten Prüfungsvermerk erhalten habe. Auf Empfehlung des Finanzausschusses nahm die Kammerversammlung den Jahresabschluss 2023 an und entlastete in einer weiteren Abstimmung den Vorstand für das Geschäftsjahr 2023.
Haushaltsplan 2025
Weiterführend stellte Andreas Pichler den Haushaltsplan für 2025 vor. Anzunehmende Mehraufwände würden beispielsweise durch notwendige Erweiterungen im Stellenplan einzuplanen sein. Daneben würden ebenfalls allgemeine Teuerungsraten zu Buche schlagen. Auch für die Umsetzung notwendiger berufspolitischer Veranstaltungen sowie für Aufwände im Rahmen der Umsetzung der neuen Weiterbildungsordnung sollte ein entsprechender Finanzrahmen zur Verfügung stehen. Er blickte auch auf zu erwartende Einnahmen und die Entwicklung der Rücklagen. Nach Aussprache im Plenum folgte die Kammerversammlung auch hier dem Votum des Finanzausschusses und nahm den Haushaltsplan für das Jahr 2025 an.
Weiterbildungsordnung PP/KJP
Die Kammerversammlung befasste sich ferner mit der Novellierung der Weiterbildungsordnung für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen (WBO PP/KJP). Kammerpräsident Andreas Pichler und Barbara Lubisch, Vorstandsmitglied und Vorsitzende im Ausschuss „Fort- und Weiterbildung“, begründeten das Anliegen. Auf dem letzten Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) am 15./16.11.2024 seien Änderungen der Muster-Weiterbildungsordnung für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (MWBO PP/KJP) beschlossen worden. Ihr Ziel sei vor allem, den Erwerb eines Zweitverfahrens als Bereichsweiterbildung zu ermöglichen. Zudem ginge es um die Harmonisierung der MWBO für PP/KJP mit der MWBO für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
Die Entscheidungen auf Bundesebene sollten nun auf Landesebene nachvollzogen werden, erläuterten Andreas Pichler und Barbara Lubisch. Möglichst gleiche Weiterbildungsordnungen in den Ländern würden die bundesweit einheitliche Qualifikation der Berufsangehörigen ermöglichen. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) habe für die vorgeschlagenen Änderungen in der WBO PP/KJP der Kammer Genehmigungsfähigkeit in Aussicht gestellt.
Andreas Pichler und Barbara Lubisch betonten, dass die Novellierung der WBO PP/KJP kurzfristig erfolgen sollte. Die Änderungen würden auch den Ausbau der Weiterbildung in klinischer Neuropsychologie und Neurologischer Psychotherapie unterstützen. Gerade in diesem Bereich sei der Versorgungsdruck besonders hoch. Weiterführend nannte sie Gründe dafür, dass mit der aktuellen Novellierung die Gesprächstherapie aus der WBO PP/KJP herausgenommen werden müsse. Sie werde derzeit vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie nicht als Verfahren für die vertiefte Ausbildung der beiden Berufsgruppen empfohlen. Allerdings würde die Gesprächstherapie zurzeit im Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie erneut geprüft. Falle das neue Votum positiv aus, sei die Wiederaufnahme des Verfahrens in die WBO PP/KJP zeitnah geboten und rechtlich möglich. Aus Sicht des Vorstandes wäre dies sehr zu begrüßen und unterstützenswert. Nach intensivem Austausch zu diesem Thema beschloss die Kammerversammlung einstimmig die Änderung der WBO PP/KJP. Mit einem weiteren Beschluss wurde der Ausschuss „Fort- und Weiterbildung“ beauftragt, die Integration der Bereichsweiterbildung Gesprächspsychotherapie in die WBO PP/KJP zu prüfen.
Arbeitskonzept für den Ausschuss „Fort- und Weiterbildung“
Barbara Lubisch erläuterte als Vorsitzende im Ausschuss „Fort- und Weiterbildung“, wie der Ausschuss die kontinuierliche Bearbeitung aller Aspekte der Fort- und Weiterbildung in Bereichen und Gebieten gewährleisten wolle. Sie stellte eine umfassende Sammlung an Inhalten vor, mit denen man sich in regelmäßigen Sitzungen beschäftigen wolle. Neben zentralen Fragestellungen zur Weiterbildung würde jeweils auch Aspekte der Fortbildung auf der Agenda gesetzt. Vier Vorstandsmitglieder würden die Ausschussarbeit begleiten und Inhalte einspeisen, die sich aus den Aktivitäten zur Umsetzung der Weiterbildung ergeben.
Wahl eines 27. Delegierten zum DPT
Als 27. Delegierten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen zum Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) wählte die Kammerversammlung Martin Wierzyk von der Fraktion „PsychotherapeutInnen OWL“.
Resolutionen der Kammerversammlung
Die Kammerversammlung verabschiedete in ihrer Sitzung einstimmig vier Resolutionen mit eindringlichen Forderungen an die Politik:
1. „Wahltaktische Interessen überwinden: Maßnahmen für psychisch gesundes Aufwachsen und
Kinderschutz prioritär behandeln und jetzt umsetzen!“ [PDF, 136 KB]
2. „Für Vielfalt und Respekt: Gesellschaftlichen Zusammenhalt und psychische Gesundheit stärken“
[PDF, 54 KB]
3. „Psychosoziale Versorgung – Kahlschlag verhindern“ [PDF, 61 KB]
4. „Keine Pseudo-Qualitätssicherung, keine zusätzliche Bürokratie! Gesetzlichen Auftrag für das QS
Verfahren Ambulante Psychotherapie streichen!“ [PDF, 72 KB]
Zum Ende einer arbeits- und ergebnisreichen Tagung bedankte Andreas Pichler sich für die konzentrierte Arbeitsatmosphäre, die konstruktiven Hinweise und die angeregten Diskussionen. Die 3. Sitzung der 6. Kammerversammlung werde am 10. Mai 2025 stattfinden.