Rückblick auf die 8. Sitzung der 5. Kammerversammlung am 3. Dezember 2022
Die 5. Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen trat nach vorherigen pandemiebedingten Online-Konferenzen am 3. Dezember 2022 in Präsenz zusammen. In ihrer 8. Sitzung in dieser Wahlperiode befassten sich die Kammerversammlungsmitglieder unter anderem mit der Positionierung psychotherapeutischer Themen im aktuellen Koalitionsvertrag der Landesregierung, der Mitarbeit der Profession in kommunalen Gesundheitskonferenzen und Aspekten von Psychotherapie und Prävention im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, insbesondere bezogen auf Kinder und Jugendliche. Die Kammerversammlungsmitglieder erörterten auch Fragestellungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Weiterbildungsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen. Weitere Themen auf der Agenda waren der Kammerhaushalt, Ergänzungswahlen und Beschlussfassungen zu Resolutionen.
Psychotherapeutische Themen in der Landesgesundheitspolitik
Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, eröffnete die Sitzung. Im Saal sei die Freude darüber wahrnehmbar, sich wieder persönlich miteinander austauschen zu können, sagte er in seiner Begrüßung der Kammerversammlungsmitglieder sowie der Sprecherin und des Sprechers der PiA-Vertretung NRW (Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung), die als Gäste an der Sitzung teilnahmen. In Ergänzung zum schriftlich vorgelegten Vorstandsbericht erläuterte Gerd Höhner zunächst Inhalte aus dem „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ der Regierungsparteien der CDU und der GRÜNEN für 2022 – 2027 mit Bezug zu Themen der Kammer. In vielen Punkten habe die Profession mittlerweile ihre fachlichen Argumente erfolgreich deutlich machen können. Beispielsweise werde im Koalitionsvertrag zugesichert, im Zusammenhang mit der Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs die Supervisionsangebote für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei und Justiz auszuweiten. Dass in diesen und anderen Bereichen wie zum Beispiel auch der Jugendhilfe mehr Unterstützung und Supervision notwendig seien, hatte der Vorstand der Kammer wiederholt im Landtag vorgebracht. Darüber hinaus sei es gelungen, in der Politik die Bedeutung von psychischer Gesundheit und Prävention aufzuzeigen und die Diskussion hierzu anzuregen. Unter anderem sei „seelische Gesundheit“ auf die Agenda der Landesgesundheitskonferenz (LGK) gesetzt worden. Gerd Höhner hielt fest, dass es wichtig bliebe, psychotherapeutische Anliegen gezielt anzusprechen und Zusammenhänge zu verdeutlichen. Nicht immer sei bekannt, welche Mängel bestehen und woher sie rühren. Ein Beispiel sei die unzureichende psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen, insbesondere im Ruhrgebiet. Es bliebe schwierig, den Bedarf an Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten darzulegen, wenn die Politik die hohe, an langen Wartezeiten ablesbare Nachfrage nach Psychotherapie als Indikator schlichtweg ignoriere. Der Vorstand werde sich weiterhin dafür einsetzen, die Anliegen der Profession auf der Ebene der Landes- und der Bundespolitik einzubringen.
Umsetzung der Weiterbildungsordnung
Zur Weiterbildung informierte der Kammerpräsident, dass die Vorbereitung ihrer Umsetzung auf Bundesebene und in den Landeskammern weit vorangeschritten sei. Für Januar 2023 sei ein Gespräch der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zu den noch offenen Finanzierungsfragen geplant. Würde sich daraus keine greifbare Perspektive ergeben, werde die Profession zur Finanzierung der Weiterbildung öffentlichkeitswirksam aktiv werden. Mit Blick auf die Umsetzung der Weiterbildungsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen sei er zuversichtlich, dass ein reibungsloser Start gelänge. Die Geschäftsstelle sei gut aufgestellt und vorbereitend aktiv.
Beteiligung an kommunalen Gesundheitskonferenzen
Vorstandsmitglied Oliver Kunz gab einen Überblick über die Grundlagen der kommunalen Gesundheitskonferenzen (KGK) im Landesrecht Nordrhein-Westfalens. Die Kammer hatte ihre Mitglieder im November 2021 zum Engagement in kommunalen Gesundheitskonferenzen angeregt. Bei der Umsetzung sei man jedoch teilweise auf Hindernisse gestoßen. Unter anderem würden kommunale Gesundheitskonferenzen bei der Aufnahme neuer Mitglieder unterschiedlich vorgehen. Der Vorstand habe sich daher erneut damit auseinandergesetzt, was die Mitarbeit von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in den lokalen Gremien fördern könne und verschiedene Ansätze hierzu festgehalten. Vor diesem Hintergrund wiederholte Oliver Kunz den Aufruf, sich an kommunalen Gesundheitskonferenzen zu beteiligen. Die Mitarbeit von Vertreterinnen und Vertretern des Berufsstandes könne die Vernetzung mit gesundheitspolitischen Akteurinnen und Akteuren vor Ort stärken, psychotherapeutische Expertise in die Diskussionen tragen und den Informationsaustausch in Richtung Kammer fördern.
Angebote für Kinder, Jugendliche und ihre Familien
Cornelia Beeking aus dem Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen betonte die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kinder, Jugendliche und ihre Familien stärker in den Blick zu nehmen. Wie auch der Fachtag der Kammer vom 12. November 2022 deutlich gemacht habe, seien Kinder und Jugendliche und ihre Familien durch die Corona-Pandemie besonders belastet. Die bisherigen Maßnahmen, dies aufzufangen, seien nicht ausreichend. Der Vorstand und insbesondere ihr Vorstandskollege Bernhard Moors hätten sich intensiv dafür eingesetzt, dass die von den Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen neu eingerichteten niederschwelligen Gruppenangebote für Kindern und Jugendliche ohne psychische Störungen anlaufen konnten. Zu den Belastungen durch die Corona-Pandemie kämen psychische Herausforderungen durch weitere Krisen wie der Krieg in der Ukraine. Erfreulicherweise sei derzeit eine vielfältige politische Willensbildung erkennbar, sich der Probleme in dem dadurch gewachsenen Aufgabenfeld anzunehmen und die Situation zu verbessern, sagte Cornelia Beeking. Dies impliziere auch einen leichteren Zugang zur Psychotherapie und den Ausbau präventiver Angebote. Das derzeitige Klima der Handlungsbereitschaft gelte es zu nutzen, um diese Themen weiter voranzutreiben und Projekte zu verstetigen.
Psychotherapeutische Prävention stärken
In der Aussprache dankten Kammerversammlungsmitglieder dem Vorstand für seine vielfältigen Aktivitäten. Es werde deutlich, wie facettenreich das Engagement in den verschiedenen für den Berufsstand relevanten Arbeitsbereichen sei. Mehrfach wurde auf die Bedeutung psychischer Gesundheit und Prävention hingewiesen. Man müsse sich unter anderem damit befassen, wie die Profession zu diesen Themen in Schule und Arbeitswelt hineinwirken könne. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten könnten mit ihrer fachlichen Expertise viel beisteuern. Vorgeschlagen wurde, bei U-Untersuchungen oder Fragen der Inobhutnahme von Kindern die psychische Gesundheit stärker zu beachten und die Profession einzubinden. Die Mitarbeit des Berufsstandes in kommunalen Gesundheitskonferenzen zu intensivieren, wurde begrüßt. Vorstandsmitglied Bernhard Moors fügte an, dass die rege Beteiligung an den von den Kassenärztlichen Vereinigungen eingerichteten präventiven Gruppenangeboten für Kinder und Jugendliche die große Bereitschaft von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verdeutliche, sich auch in diesem Tätigkeitsfeld zu engagieren.
Momente der Würdigung
Im Anschluss an die Diskussion lenkte Gerd Höhner den Blick auf die Fertigstellung der Muster-Weiterbildungsordnung Ende 2021 und die Verabschiedung der Weiterbildungsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen im September 2022. Mit der Reform sei ein großer Erfolg gelungen. Die Mängel der bisherigen Qualifizierungsstruktur seien behoben worden. Die Tagung in Präsenz gebe Gelegenheit, auf diesen Erfolg gemeinsam anzustoßen. Nach dem Umtrunk dankte Gerd Höhner der Kammerversammlung und dem Ausschuss „Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Ausbildungsreform“ für die gute, intensive Begleitung in einem arbeitsreichen und langwierigen Reformprozess. Ein weiterer Moment der Würdigung galt der Verabschiedung von Angelika Enzian, die auf eigenen Wunsch aus der Kammerversammlung ausgeschieden war. Gerd Höhner dankte ihr für ihre langjährige Mitarbeit, ihre konstruktiven Beiträge und ihre Fähigkeit, Lösungswege zu entwickeln. Angelika Enzian bedankte sich für die gute Zusammenarbeit in der Kammerversammlung und das gemeinsame Gestalten der Weiterbildungsordnung. Man habe ein sehr gutes Ergebnis erreicht. Sie habe sich immer gern in der Kammerversammlung und in anderen berufspolitischen Gremien engagiert und nehme auch mit einem weinenden Auge Abschied.
Jahresabschluss 2021 und Haushalt 2023
Andreas Pichler, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, informierte zu Einnahmen und Ausgaben der Kammer im Jahr 2021. In der Gegenüberstellung ergebe sich ein Überschuss. Gründe dafür seien unter anderem höhere Beitragseinnahmen infolge der gestiegenen Mitgliederzahl und geringere Ausgaben als veranschlagt im Bereich Ehrenamt. Durch die Umsetzung von Online-Veranstaltungen seien weniger Reisekosten und Aufwandsentschädigungen angefallen als eingeplant. Der Überschuss werde auf die allgemeine Betriebsmittelrücklage und auf verschiedene zweckgebundene Rücklagen verteilt. Andreas Pichler dankte der Geschäftsstelle für die gute Arbeit im Bereich Finanz- und Rechnungswesen und dem Finanzausschuss für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Die Kammerversammlung nahm auf Empfehlung des Finanzausschusses den Jahresabschluss 2021 an und entlastete den Vorstand für das Geschäftsjahr 2021. Der Vizepräsident skizzierte auch die Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsjahr 2023 sowie Zuführungen und Entnahmen bei den zweckgebundenen Rücklagen. Hier folgte die Kammerversammlung ebenfalls dem Votum des Finanzausschusses und nahm den Haushaltsplan 2023 an.
Beschlussfassungen zu Verwaltungsvorschriften und Ordnungen
Die Kammerversammlung beschloss in ihrer Sitzung Änderungen der Verwaltungsvorschrift der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen zur Eintragung in die Sachverständigenliste Strafrecht und Strafvollstreckungsrecht, Glaubhaftigkeit und Zeugenaussage, Familienrecht und Kinder- und Jugendhilfe sowie Sozialrecht. Die vorgenommenen Änderungen ergeben sich aus einer neuen Rechtsgrundlage: Ende 2021 trat das „Gesetz zur Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt in Nordrhein-Westfalen“ (Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW) in Kraft. Es regelt vor allem die Unterbringung von psychisch erkrankten sowie suchtkranken Straftätern nach § 63 und § 64 Strafgesetzbuch und löst das über zwanzig Jahre alte Maßregelvollzugsgesetz des Landes ab. Die Kammerversammlung beschloss des Weiteren Änderungen der Gebührenordnung der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, darunter die Einführung einer Gebühr für die Akkreditierung von Weiterbildungsstätten und -beauftragten.
Richtlinien zur Anerkennung von Weiterbildungsstätten und zur Ermächtigung von Weiterbildungsbefugten
Vorstandsmitglied Hermann Schürmann erläuterte die Richtlinien der Bundespsychotherapeutenkammer zur Anerkennung von Weiterbildungsstätten und zur Ermächtigung von Weiterbildungsbefugten, die auf dem Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) im November 2022 vorgestellt worden waren. Die Richtlinien würden der Operationalisierung der Muster-Weiterbildungsordnung dienen. Ein zentrales Ziel sei, ein einheitliches Verwaltungshandeln der Landeskammern sicherzustellen. Der Vorstand beabsichtige, die ausgearbeiteten Richtlinien für Nordrhein-Westfalen verbindlich zu übernehmen. Die von der Kammerversammlung im September 2022 beschlossene Weiterbildungsordnung liege derzeit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) NRW zur Prüfung vor. Sobald die Aufsichtsbehörde sie genehmigt habe, könne die Kammer sie veröffentlichen, die Richtlinien bekanntgeben und die Zulassungsunterlagen verschicken. In der Diskussion der Kammerversammlungsmitglieder über den Tagesordnungspunkt wurden unter anderem Besonderheiten bei der Zulassung von Weiterbildungsbefugten für neuropsychologische Psychotherapie thematisiert. Vorstandsmitglied Barbara Lubisch wies darauf hin, dass man hierzu auf Bundesebene an Lösungen arbeite.
Ergänzungswahlen für die Ausschüsse und zum Deutschen Psychotherapeutentag
Auf der Tagesordnung standen auch Ergänzungswahlen für die Ausschüsse und zum Deutschen Psychotherapeutentag. Gewählt wurden: Mira Welter, Fraktion PsychotherapeutInnen NRW (PtNRW), als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss „Satzung, Berufsordnung und Berufsethik“; Carla Cuvelier, Fraktion Kooperative Liste, als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss „Psychotherapie in der ambulanten Versorgung“; Juliana Schäfers, Fraktion Kooperative Liste, als Mitglied im Ausschuss „Psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“; Dr. Josepha Katzmann, Fraktion Kooperative Liste, als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss „Psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“. In den Ergänzungswahlen zum Deutschen Psychotherapeutentag wurden Sandra Schnülle und Kerstin Scotland, beide Fraktion Kooperative Liste, und Helma Höllermann, Fraktion Bündnis KJP, als stellvertretende Delegierte gewählt.
Beschlussfassung zu Resolutionen
Die Kammerversammlung verabschiedete in ihrer Sitzung fünf Resolutionen: „Anpassung der Beihilfenverordnung in NRW längst überfällig – Versorgung Beihilfeberechtigter sicherstellen und verbessern!“ [PDF, 223 KB], „Versorgung psychisch schwer kranker Menschen ernsthaft verbessern – Hürden für die Umsetzung der KSV-Psych-Richtlinie abbauen“ [PDF, 218 KB], „Politische Verantwortung übernehmen – Kinder, Jugendliche und ihre Familien unterstützen!“ [PDF, 218 KB], „Patientenrechte bei elektronischer Patientenakte und im geplanten „Europäischen Raum für Gesundheitsdaten“ wahren und schützen“ [PDF, 212 KB] und „Aktuelle gesellschaftliche Krisen erfordern auch aus psychotherapeutischer Sicht dringenden Handlungsbedarf“ [PDF, 103 KB].
Berichte der Ausschüsse und Kommissionen
Weitere Tagesordnungspunkte waren Berichte aus den Ausschüssen und den Kommissionen. Julia Leithäuser, Vorsitzende im Ausschuss „Satzung, Berufsordnung und Berufsethik“ informierte in diesem Zusammenhang über den Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur Suizidassistenz (s. hierzu auch die Stellungnahme „Suizidprävention stärken, Suizidassistenz regulieren“ der Bundespsychotherapeutenkammer [PDF, 519 KB]). Gerd Höhner dankte den Ausschuss- und Kommissionsmitgliedern für ihre Erläuterungen. Es sei eine große Produktivität erkennbar, die sich unter anderem in Veranstaltungen mit hoher Reichweite gezeigt habe.
Abschließend hielt der Kammerpräsident fest, dass der Vorstand aus der konstruktiven Sitzung der Kammerversammlung viele Anregungen mitnehme und an zentralen Themen engagiert weiterarbeiten werde.