Tag der Neuapprobierten am 06.07.2019 in Dortmund
Gut 110 in den Beruf startende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten waren am 6. Juli 2019 in die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe gekommen, um sich am „Tag der Neuapprobierten“ der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) über die Arbeit der Kammer, die Leistungen des Versorgungswerks der PTK NRW, die Bedingungen zur Zulassung und über Arbeitsmodelle und Tätigkeitsfelder für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu informieren.
Aufgaben der Kammer
Gerd Höhner, Präsident der PTK NRW, beglückwünschte die neuen Kammermitglieder zu ihrer Approbation und stellte die Kammer als Organ der beruflichen Selbstverwaltung vor. Zu den zentralen Aufgaben der Kammer gehöre auch die Weiterentwicklung des Berufes, betonte er. „Seit einigen Jahren beschäftigt uns zum Beispiel die Nachfrage nach Psychotherapie aus Bereichen, die in unseren Weiterbildungscurricula bisher nicht abgebildet sind, etwa Psychotherapie bei Diabetes, Krebserkrankungen und chronischen Schmerzen. Dieser Nachfrage müssen wir uns stellen und Angebote entwickeln.“
Ebenso gelte es, die Kompetenzen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dort bekannt zu machen, wo sie gebraucht werden, aber bislang nicht im Fokus stehen. „In Nordrhein-Westfalen beschäftigt uns in diesem Zusammenhang unter anderem die Versorgung älterer Menschen. Sie läuft oft völlig an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbei; in keinem anderen europäischen Land werden hier so viele Psychopharmaka eingesetzt wie bei uns“, kritisierte Gerd Höhner. Ein weiterer Bereich, in dem psychotherapeutische Hilfen gebraucht werden, sei die Jugendhilfe. „Der Bedarf an frühzeitigen Hilfen ist unbestritten, nur fehlen die Finanzierungsmöglichkeiten. Es gibt aber Ansätze! In einem städtischen Jugendamt sind drei Stellen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ausgeschrieben worden. Das ist ein Teilerfolg auf einem langen Weg. Als Kammer werden wir uns hier weiterhin stark machen.“
Absicherung und Zulassung
Jens Mittmann vom Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer NRW stellte den Neuapprobierten das berufsständische Versorgungswerk vor und skizzierte die Bedingungen der Mitgliedschaft, die Pflichten und Möglichkeiten zur Beitragszahlung sowie verschiedene Leistungsarten. Die Voraussetzungen und Bedingungen der Zulassung als Vertragspsychotherapeutin/Vertragspsychotherapeut erläuterte Ansgar von der Osten von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Er ging dabei auch auf das neue Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ein, die Weiterentwicklung der Bedarfsplanungs-Richtlinie und die damit verbundenen neuen Zulassungsmöglichkeiten für Nordrhein und Westfalen-Lippe. Darüber hinaus skizzierte er Kooperationsformen wie das Jobsharing oder die Tätigkeit in Berufsausübungsgemeinschaften.
Berufstätigkeit in der Niederlassung
Perspektiven der Berufstätigkeit in der Niederlassung stellte Andreas Pichler, Vizepräsident der PTK NRW, dar. „Die Niederlassung in eigener Praxis gilt in unserem Beruf immer noch als der ‚Goldstandard’, wobei es inzwischen auch viele andere interessante Möglichkeiten gibt, die man zumindest kennen sollte“, so seine Empfehlung. Mit Blick auf klinische Tätigkeiten betonte Andreas Pichler insbesondere auch die Möglichkeit, im Sachverständigenwesen tätig zu werden. „Sie sind mit Ihrer Qualifikation bei den Gerichten sehr gefragt. Die Kammer unterstützt und vermittelt hier gerne, führt Sachverständigenlisten und bietet Fortbildungen an.“
Neuapprobierten, die mit dem Gedanken spielen, sich mit einer Privatpraxis selbstständig zu machen, riet der Vizepräsident zu Vernetzung und Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen. „Wir weisen zwar immer wieder darauf hin, dass die Kostenerstattung gemäss § 13 Abs. 3 SGB V nicht restriktiv gehandhabt werden darf und Patientinnen und Patienten einen Rechtsanspruch darauf haben. Dennoch haben wir den Eindruck, dass es derzeit sehr schwierig ist, eine tragfähige Selbstständigkeit auf diesem Fundament zu gründen.“ Abschließend erläuterte er die Möglichkeit, sich in Berufs- und Fachverbänden zu engagieren und über diesen Zugang auch in der Kammer aktiv zu sein. „Es gibt viele Möglichkeiten, Bedingungen nicht zu ‚erleiden’, sondern mitzugestalten. Ich lade sie herzlich ein, diese Chancen zu nutzen.“
Berufstätigkeit im Angestelltenverhältnis
Susanne Grohmann, Leitende Psychologin, Psychotherapeutin, Psychoonkologin und Traumatherapeutin in der Gelderland-Klinik, beleuchtete die Perspektiven der Berufstätigkeit im Angestelltenverhältnis. Sie warb dabei für die Arbeit im – in der Regel multiprofessionellen – Team, die es ermögliche, über den Tellerrand zu schauen, den eigenen Horizont zu erweitern und auch dabei helfe, die in der Regel mehrdimensionalen Problemlagen von Patientinnen und Patienten zu erfassen. Explizit wies Susanne Grohmann auf die Chancen für Führungspositionen für approbierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten hin. Detailliert beschrieb sie Beschäftigungsmöglichkeiten im klinischen Bereich und in der Jugendhilfe.
Raum für Fragen und Beratung
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten die Vorträge am „Tag der Neuapprobierten“ mit regem Interesse und nutzten die Gelegenheit, Fragen an die Referierenden zu stellen. Zwischen den Vorträgen wendeten sie sich mit persönlichen Anliegen an die Beratungsstände der PTK NRW, des Versorgungswerks der Psychotherapeutenkammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Viele suchten auch das Gespräch mit den anwesenden Vorstandsmitgliedern der Kammer. „Ich möchte Sie bestärken, gesundheitspolitisch aktiv zu werden und unser Leistungsangebot vor Ort zu präsentieren und weiterzuentwickeln“, sagte Gerd Höhner den Neuapprobierten zum Abschluss einer informativen Veranstaltung. „Ich freue mich, wenn wir uns in der einen oder anderen Veranstaltung wiedersehen.“