Videosprechstunden: größerer Umfang, neue Qualitätsstandards
Behandlungen per Videosprechstunde sind in der Anzahl nicht mehr begrenzt. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können zudem mehr bekannte Patientinnen und Patienten ausschließlich über Videotelefonat versorgen. Auf diese und weitere Maßnahmen zur Flexibilisierung der Videosprechstunden haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) im Bewertungsausschuss geeinigt. Sie setzen damit eine Vorgabe aus dem Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz, DigiG) um.
Patientenübergreifende Leistungsbegrenzung entfällt rückwirkend zum 1. Januar 2025
Mit dem Beschluss des Bewertungsausschusses [PDF, 41 KB] entfällt die patientenübergreifende Begrenzung der Leistungen im Videokontakt rückwirkend zum 1. Januar 2025. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können einzelne Leistungen öfter und auch komplett per Video anbieten und mehr bekannte Patientinnen und Patienten ausschließlich in der Videosprechstunde versorgen. Statt zuvor bei 30 Prozent liegt die Obergrenze nun bei bis zu 50 Prozent. Als „bekannt“ gelten Patientinnen und Patienten, wenn es in mindestens einem der drei vorausgegangenen Quartale einen persönlichen Kontakt gegeben hat. Bei unbekannten Patientinnen und Patienten bleibt die Obergrenze für Videosprechstunden bei 30 Prozent.
Entfall der personenbezogenen Obergrenze
Neu für bekannte und unbekannte Patientinnen und Patienten ist, dass die Obergrenze für die Behandlungsfälle nun je Praxis bzw. Betriebsstättennummer gilt. Entscheidend ist damit, dass die gesamte Praxis nicht mehr Videosprechstunden abrechnet als zulässig. Die Obergrenze gilt zudem nur, wenn Patientinnen und Patienten in einem Quartal ausschließlich in der Videosprechstunde versorgt werden. Nicht mitgezählt werden Fälle, bei denen der Kontakt per Video und in der Praxis erfolgt.
Änderungen bei Zuschlägen für Leistungen per Video
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhalten zudem seit dem 1. April 2025 einen Zuschlag zur Grund-, Versicherten- oder Konsiliarpauschale, wenn die Behandlung einer bekannten Patientin oder eines bekannten Patienten in einem Quartal ausschließlich per Video stattfindet. Der Zuschlag wird dafür gezahlt, dass sich die Praxis bei Bedarf um die Anschlussversorgung kümmert. Der Technikzuschlag für Videosprechstunden wird aufgrund gesunkener Preise bei den Videodienstanbietern zum 1. Juli 2025 gesenkt. Eine Übersicht der KBV informiert generell zu abrechenbaren Leistungen per Video [PDF, 185 KB].
Neue Qualitätsstandards für die Videosprechstunde in Kraft
KVB und GKV-Spitzenverband hatten zuvor bereits im Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) mit dem Digital-Gesetz geforderte Qualitätsstandards vereinbart. Ihre „Vereinbarung über die Anforderungen für die Sicherung der Versorgungsqualität von telemedizinischen Leistungen“ [PDF, 238 KB] ist zum 1. März 2025 als Anlage 31c BMV-Ä in Kraft getreten.
Sicherung der Anschlussbehandlung
Zu den vom Gesetzgeber geforderten Qualitätsstandards gehört, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dafür Sorge tragen, dass für die von ihnen in der Videosprechstunde versorgten Patientinnen und Patienten die Anschlussbehandlung sichergestellt ist. Sie können der Patientin oder dem Patienten dafür einen zeitnahen Termin in ihrer eigenen Praxis anbieten, eine Überweisung in eine fachärztliche Praxis ausstellen oder falls notwendig die Überweisung in ein Krankenhaus veranlassen.
Wohnortnähe als Vermittlungskriterium
Die Terminvermittlungsdienste sind ab September 2025 verpflichtet, vorranging eine Videosprechstunde in einer psychotherapeutischen Praxis in räumlicher Nähe zum Wohnort der Patientin bzw. des Patienten zu vermitteln. Der Weg zur Praxis kann je nach Wohnort und Praxendichte eine Stunde und mehr Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfordern. Deutlich größere Distanzen sollten jedoch eine Ausnahme sein, solange näher gelegene psychotherapeutische Praxen zur Verfügung stehen. Zudem ist nicht zulässig, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Fernbehandlungen im Rahmen ihrer vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit aus dem Ausland durchführen.
Einführung eines Ersteinschätzungsverfahren
Eine weitere neue Regelung greift, wenn sich Patientinnen oder Patienten, die eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten per Video konsultieren wollen, an eine Vermittlungsstelle wie den Terminservice unter der Rufnummer 116117 oder an einen anderen Anbieter wenden. In diesen Fällen soll ab September 2025 vor der Terminvergabe mit einem Ersteinschätzungsverfahren geprüft werden, ob eine Videosprechstunde für die psychotherapeutische Versorgung geeignet ist oder die Patientin bzw. der Patient in eine andere Versorgungsstruktur zu vermitteln ist.
Priorisierung nur nach medizinischen Kriterien
Der Gesetzgeber hat als weiteren Qualitätsstandard festgelegt, dass die Vermittlungsportale für Videosprechstunden Termine ausschließlich nach medizinischen Kriterien priorisieren. Auch Aspekte wie die Kostenträgerschaft dürfen nicht berücksichtigt werden.
Bedingungen für Fernbehandlungen außerhalb der Praxisräume
Seit vergangenem Jahr können Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Behandlungen per Videotelefonat auch außerhalb ihrer Praxisräume durchführen, beispielsweise zu Hause. Mit der Vereinbarung stehen nun die Bedingungen dafür fest. Eine Voraussetzung etwa ist ein voll ausgestatteter Telearbeitsplatz in einem geschlossenen Raum. Zudem muss die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut auf ihre bzw. elektronische Behandlungsdokumentation zugreifen können.
Regelung zur Anrechnung auf die Mindestsprechstundenzeit
Darüber hinaus wurde mit der Vereinbarung von KBV und GKV-Spitzenverband klargestellt, dass außerhalb der vertragspsychotherapeutischen Versorgung oder außerhalb der Praxisöffnungszeiten durchgeführte Fernbehandlungen nicht auf die Mindestsprechstundenzeit von 25 Stunden pro Woche bei vollem Versorgungsauftrag angerechnet werden.