Vorschlag der Psychotherapeutenkammer NRW für eine „Erhebung der Versorgungssituation im Ruhrgebiet“ durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
Mit dem Psychotherapeutengesetz und der Integration Psychologischer Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in die Kassenärztlichen Vereinigungen wurde die Versorgung psychisch kranker Menschen spürbar verbessert. Allerdings warten viele immer noch monatelang auf einen Erstkontakt beim Psychotherapeuten und nochmals deutlich länger auf den Behandlungsbeginn. Im Ruhrgebiet ist die Situation besonders eklatant.
An die Reform der Bedarfsplanung 2012 knüpften Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Betroffene die Hoffnung, dass endlich die Voraussetzungen für einen schnellen und niedrigschwelligen Zugang zu Psychotherapie geschaffen werden. Der Gesetzgeber hatte den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes damit beauftragt, die notwendige Zahl an niedergelassenen Psychotherapeuten „nicht mehr stichtagsbezogen, sondern allein anhand sachgerechter Kriterien“ zu berechnen und die Bedarfsplanung zur Psychotherapie bis Ende 2017 neu zu regeln.
Tatsächlich schrieb der G-BA mit der Reform vom 20.12.2012 jedoch im Wesentlichen die bisherigen Allgemeinen Verhältniszahlen fort. Lediglich die Planungsbereiche wurden in eine neue Systematik eingeteilt. Die Bedarfsplanung beruht weiterhin und unverändert auf der Anzahl der Psychotherapeuten, die bis zum 31.08.1999 zugelassen waren.
Auswirkungen der Sonderregion Ruhrgebiet auf die psychotherapeutische Versorgung
Insbesondere im Ballungsraum Ruhrgebiet, wo mehr als fünf Millionen Menschen leben, hat die Reform nichts zum Positiven verändert, da die „Sonderregion Ruhrgebiet“ weiterhin besteht und die Zahl der Psychotherapeuten dort nach wie vor zu niedrig ist.
Während städtische Planungsbereiche der Versorgungszone 1 durch 32,5 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner versorgt werden sollen, sind es im Ruhrgebiet planerisch nur 11,4 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. Das ist eine um ca. zwei Drittel herabgesetzte Allgemeine Verhältniszahl. Ein Beispiel: Die psychotherapeutische Versorgung der Großstadt Essen mit 570.000 Einwohnern wird genauso geplant wie die der Ortschaft Wassenberg im Kreis Heinsberg mit 17.000 Einwohnern. Insgesamt sind die Großstädte im Ruhrgebiet gegenüber anderen deutschen Großstädten deutlich benachteiligt.
Eine derart strukturierte psychotherapeutische Bedarfsplanung im Ruhrgebiet ist aus Sicht der nordrhein-westfälischen Psychotherapeutenkammer (PTK NRW) nicht vertretbar. Sie hat daher einen Vorschlag für die „Erhebung der Versorgungssituation im Ruhrgebiet“ und der Überprüfung und Anpassung der Regelung zum Ruhrgebiet erarbeitet und an den G-BA gerichtet.
Für eine verbesserte psychotherapeutische Versorgung im Ruhrgebiet regt die PTK NRW den G-BA in ihrem Vorschlag an, die Sonderregion Ruhrgebiet aufzuheben oder alternativ bei Fortbestehen der Sonderregion die Allgemeinen Verhältniszahlen für Psychotherapeuten mittels sachgerechter Kriterien neu festzulegen. Dabei sollten die spezifischen Gegebenheiten des Ruhrgebiets berücksichtigt werden: der einzigartige Metropolcharakter, die planungsbereichsbezogene Morbidität, sozioökonomische Faktoren und die gegebene Versorgungslage. In ihrem Vorschlag an den G-BA begründet die PTK NRW ihre Argumentation ausführlich und auf Basis aktueller belastbarer Daten. Zudem werden konkrete Vorschläge für eine Erhebung der Versorgungssituation im Ruhrgebiet gemacht.
Ihren Vorschlag hat die PTK NRW Ende März an den G-BA verschickt. Zu den weiteren Empfängern gehören die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der GKV-Spitzenverband, das nordrhein-westfälische Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, die Kassenärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe und Nordrhein, die nordrhein-westfälischen Landesauschüsse sowie die gesundheitspolitischen Sprecher im Landtag und im Deutschen Bundestag.